Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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fen. Haben wir doch oben schon gesagt, daß der Glaube durch das Wort empfangen
wird, und um so mehr ehren wir den Dienst am Wort. Die Liebe und auch die Werke
müssen dem Glauben folgen. Deshalb werden sie nicht so ausgeschlossen, daß sie
nicht folgen sollen, sondern ausgeschlossen wird das Vertrauen auf ein Verdienst der
Liebe oder der Werke bei der Rechtfertigung. Und das wollen wir deutlich zeigen.
Daß wir Vergebung der Sünden allein durch den Glauben an Christus erlangen
[Erläuterung zu „Vergebung durch Glauben“]
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Wir glauben, daß auch die Gegner der Auffassung sind, daß bei der Rechtfertigung an
erster Stelle die Vergebung der Sünden vonnöten ist. „Alle nämlich sind wir unter der
Macht der Sünde“ (Röm 3, 9). Deshalb argumentieren wir folgendermaßen:
[1] „Vergebung der Sünden zu erlangen“ heißt: „gerechtfertigt zu werden“, nach
jenem Schriftwort: „Wohl dem, dem die Übertretungen vergeben sind“ (Ps 32, 1). [2]
Allein durch den Glauben an Christus, nicht durch die Liebe, nicht um der Liebe oder
der Werke willen erlangen wir Vergebung der Sünden, obwohl die Liebe dem Glau-
ben folgt. [3] Deshalb werden wir allein durch den Glauben gerechtfertigt, wobei wir
die Rechtfertigung so verstehen, daß aus einem Ungerechten ein Gerechter gemacht
oder wiedergeboren wird
Der Untersatz wird leicht erklärt werden können, wenn wir wissen, wie die Verge-
bung der Sünden geschieht. Die Gegner handeln eiskalt die Frage ab, ob die Verge-
bung der Sünden und die Eingießung der Gnade eine einzige Veränderung sind. Un-
beteiligte Menschen – sie redeten von etwas, das sie nicht hatten. [176] Bei der Ver-
gebung der Sünden müssen in den Herzen die Schrecken der Sünde und des ewigen
Todes überwunden werden, wie Paulus 1. Kor 15 (v. 56 f.) bezeugt: „Der Stachel des
Todes ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz. Gott aber sei Dank, der
[CR 441] uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus.“ Das heißt: Die Sün-
de erschreckt die Gewissen; dies geschieht durchs Gesetz, das den Zorn Gottes gegen
die Sünde anzeigt. Aber wir siegen durch Christus. Wie das? Durch den Glauben,
indem wir uns aufrichten durch das Vertrauen auf die um Christi willen verheißene
Barmherzigkeit. So also beweisen wir den Untersatz: Der Zorn Gottes kann nicht
versöhnt werden, wenn wir unsere Werke vorweisen, weil Christus für uns als Ver-
söhner eingesetzt ist, damit der Vater um seinetwillen mit uns versöhnt werde. Chri-
stus aber kann nur durch den Glauben als der Versöhner ergriffen werden. Also er-
langen wir allein durch den Glauben die Vergebung der Sünden, indem wir [unsere]
Herzen aufrichten im Vertrauen auf die um Christi willen verheißene Barmherzigkeit.
So sagt auch Paulus Röm 5 (v. 2): „Durch ihn haben wir den Zugang“ zum Vater; und
er fügt hinzu: „im Glauben“. So also werden wir mit dem Vater versöhnt und emp-
fangen die Vergebung der Sünden, wenn wir aufgerichtet werden im Vertrauen durch
38 Melanchthon argumentiert hier schulmäßig, indem er aus zwei Prämissen [1: Obersatz; 2: Untersatz] einen
Schluß [3] ableitet. Im folgenden geht es um den Untersatz „Vergebung durch Glauben“.