Die Bekenntnisschriften - page 124

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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Petrus will also nicht sagen, daß die Liebe die Vergebung der Sünden vor Gott
verdient, daß sie ein Sühnemittel unter Ausschluß des Mittlers Christus ist,
daß wir
angenehm wären um der Liebe, nicht um des Mittlers Christus willen.
Vielmehr: Sie
ist Menschen gegenüber nicht eigenwillig, nicht hart oder unfreundlich, weil sie über
bestimmte Irrtümer der Freunde hinwegsieht, weil sie das Verhalten anderer, auch
rauherer Menschen, zum Guten deutet, wie auch das Sprichwort lehrt: „Die Sitten des
Freundes sollst Du kennen, nicht hassen.
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Auch lehren die Apostel nicht zufällig so
oft von jener Liebespflicht, die die Philosophen „Billigkeit“ nennen. Denn diese Tu-
gend ist notwendig für den Erhalt der öffentlichen Eintracht. Diese kann nicht dauer-
haft bestehen, wenn nicht Pastoren und Kirchen einander vieles nachsehen und
verzeihen.
[Zu Jak 2, 24: „… daß der Mensch durch Werke gerecht wird“]
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Aus dem Jakobusbrief zitieren sie: „So seht ihr nun, daß der Mensch durch Werke
gerecht wird, nicht durch Glauben allein“ (Jak 2, 24). Und kein anderer Spruch
scheint unserer Auffassung mehr zu widersprechen; doch ist die Antwort hier leicht
und einsichtig. Wenn die Gegner ihnen nicht ihre eigenen Auffassungen vom Ver-
dienst der Werke anflicken, haben die Worte des Jakobus nichts Sträfliches an sich.
Sobald aber Werke erwähnt werden, setzen die Gegner ihre gottlosen Meinungen
dazu: daß wir durch gute Werke Sündenvergebung verdienen, daß gute Werke ein
Sühnemittel und Preis sind, um dessentwillen [CR 490] Gott mit uns versöhnt wird,
daß gute Werke die Schrecken der Sünde und des Todes überwinden, daß sie ihrer
Güte wegen vor Gott angenehm sind, nicht der Barmherzigkeit und des Versöhners
Christus bedürfen. Von all dem ist Jakobus nichts in den Sinn gekommen. Trotzdem
verteidigen die Gegner jetzt alles, indem sie das Jakobuswort vorschützen.
[208] Erstens ist also zu erwägen, daß dieses Jakobuswort eher gegen die Gegner
als gegen uns spricht. Sie lehren nämlich, der Mensch werde gerechtfertigt durch
Liebe und Werke. Vom Glauben, durch den wir den Versöhner Christus ergreifen,
sagen sie nichts. Im Gegenteil! Sie verwerfen diesen Glauben sogar. Und sie verwer-
fen ihn nicht nur mit Worten und Schriften, sondern suchen ihn sogar durch Schwert
und Todesstrafe in der Kirche zu vernichten. Wieviel besser lehrt da Jakobus, der den
Glauben nicht übergeht, ihn nicht durch die Liebe ersetzt, sondern am Glauben fest-
hält, damit der Versöhner Christus bei der Rechtfertigung nicht ausgeschlossen wird.
Wie auch Paulus, wenn er das Ganze des christlichen Lebens beschreibt, Glauben
und Liebe zusammenfaßt, 1. Tim 1 (v. 5): „Die Hauptsumme aller Unterweisung
aber ist Liebe aus reinem Herzen und aus gutem Gewissen und aus ungefärbtem
Glauben.“
Zweitens lehrt die Sache selbst, daß hier von Werken die Rede ist, die dem Glau-
ben folgen und zeigen, daß der Glaube nicht tot ist, sondern lebendig und wirksam im
Herzen. Jakobus meint also gar nicht, daß wir durch gute Werke Sündenvergebung
55 Römisches Sprichwort nach Porphyrius († um 304).
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