Die Bekenntnisschriften - page 136

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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diese Spitzfindigkeit hebt das ganze Evangelium auf: „Wenn ihr alles geglaubt habt,
so sprecht: Der Glaube ist unnütz.“ – Verspricht das Evangelium die Vergebung der
Sünden und das Heil denn nicht auch denen, die keinerlei gute Werke haben, wenn sie
sich dann doch bekehren und nicht verzweifeln, sondern durch den Glauben an
Christus die Sündenvergebung erlangen? Wollen die Gegner denn, daß die verzwei-
feln, deren Gewissen keine guten Werke finden, die sie dem Richtspruch Gottes ent-
gegenhalten könnten? Wollen sie denen sagen, der Glaube sei unnütz? Elend zu-
grunde gehen mögen diese Sophisten mit solchen Verdrehungen, die das ganze
Evangelium zerstören, die umsonst geschenkte Sündenvergebung aufheben, den
frommen Gewissen ihren starken Trost entreißen.
Jene Haarspalterei aber ist ganz und gar kindisch, daß sie die „unnützen Knechte“
so deuten, daß die Werke für Gott unnütz, für uns aber nützlich sind. Christus dage-
gen spricht von der Nützlichkeit, die uns Gott zum Schuldner der Gnade gemacht hat.
Freilich ist es abwegig, an dieser Stelle über „nützlich“ und „nutzlos“ zu streiten.
Denn „nutzlose Knechte“ meint „unzulängliche Knechte“, weil niemand Gott so sehr
fürchtet und liebt und ihm so sehr glaubt, wie er müßte; niemand tut dem Gesetz Ge-
nüge. Aber lassen wir diese kalten Spitzfindigkeiten der Gegner aus dem Spiel. Wie
die Menschen über sie urteilen werden, wenn sie einmal ans Licht kommen, können
kluge Männer leicht ermessen. In ganz schlichten und klaren Worten haben sie einen
Spalt ausfindig gemacht. Doch sieht ein jeder, daß an dieser Stelle das Vertrauen auf
unsere Werke verworfen wird.
[Ewiges Leben als Lohn für „Verdienste“?]
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Die Gegner jedoch machen geltend, daß das ewige Leben aus Würdigkeit zum Aus-
gleich für die guten Werke geschuldet werde, weil das ewige Leben als „Lohn“ be-
zeichnet wird. – Wir antworten kurz und deutlich: Paulus nennt das ewige Leben ein
Geschenk, weil wir, wenn wir um Christi willen für gerecht erklärt werden, zugleich
zu Kindern Gottes und Miterben Christi gemacht werden (Röm 8, 17). Anderswo aber
steht geschrieben: „Euer Lohn ist groß im Himmel“ (Lk 6, 23). Wenn die Gegner
meinen, dies sei widersprüchlich, sollen sie das mit sich selbst abmachen. Aber sie
sind höchst ungerechte Richter. Denn sie lassen das Wort „Geschenk“ aus und
übergehen auch die Quellen dieser ganzen Sache, [nämlich] wie die Menschen ge-
rechtfertigt werden [und] daß Christus immerfort der Mittler ist. Unterdessen grei-
fen sie das Wort „Lohn“ heraus und deuten es äußerst scharf nicht nur gegen die
Schrift, sondern auch gegen den Sprachgebrauch aus. Daraus schließen sie: „Weil
das Wort ‚Lohn‘ genannt wird, stellen unsere Werke eine Leistung dar, für die das
ewige Leben geschuldet wird.“ – Diese Logik ist völlig neu: „Wir hören das Wort
‚Lohn‘: Also genügen unsere Werke dem Gesetz, also sind wir Gott unserer Werke
wegen angenehm, bedürfen auch nicht der Barmherzigkeit oder des Versöhners
Christus oder des Glaubens, der die Barmherzigkeit ergreift.“ Und so schütten sie
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