Die Bekenntnisschriften - page 138

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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schuldet wird. Sondern es gilt in logischer Folge: daß es, obwohl es eines anderen
Grundes wegen zuteil wird, doch einen Ausgleich bildet für Werke und Anfechtungen.
Im übrigen räumen wir ein, daß die Werke wirklich verdienstlich sind, [nur] nicht
für die Sündenvergebung oder Rechtfertigung. Sie gefallen nämlich nur bei den Ge-
rechtfertigten um des Glaubens willen. Auch sind sie nicht des ewigen Lebens wür-
dig. Wie nämlich die Rechtfertigung, so geschieht auch die Lebendigmachung durch
den Glauben um Christi willen. Aber sie verdienen anderen leiblichen und geistli-
chen Lohn, der teils in diesem Leben, teils nach diesem Leben gewährt wird. Denn
Gott verzögert die meisten Belohnungen, bis er die Heiligen nach diesem Leben ver-
herrlicht, weil er will, daß sie sich in diesem Leben darin üben, den alten Menschen
abzutöten. Das Evangelium bringt umsonst die Verheißung der Rechtfertigung und
der Lebendigmachung um Christi willen. Im Gesetz aber wird Lohn nicht umsonst,
sondern für Werke angeboten und geschuldet. Da also die Werke eine gewisse Geset-
zeserfüllung sind, werden sie mit Recht verdienstlich genannt, sagt man zutreffend,
ihnen werde Lohn geschuldet. Und dieser Lohn verschafft Stufen von Belohnungen,
nach jenem Pauluswort: „Jeder aber wird seinen Lohn empfangen nach seiner Ar-
beit“ (1. Kor 3, 8). Diese unterschiedlichen Stufen [von Belohnung] sind der Lohn für
Werke und Anfechtungen.
Die Gegner aber pochen darauf, daß das ewige Leben streng genommen als ein
Ausgleich für die Werke geschuldet werde, weil Paulus sagt: „Er wird einem jeden
nach seinen Werken geben“ (Röm 2, 6). Joh 5 (v. 29): „Die Gutes getan haben, [wer-
den hervorgehen] zur Auferstehung des Lebens.“ Mt 25 (v. 35): „Ich bin hungrig
gewesen, und ihr habt mir zu essen gegeben.“ – Bei diesen Stellen, an denen Werke
gelobt werden, muß man auf den oben beschriebenen Grundsatz zurückkommen, daß
die Werke nicht ohne Christus gefallen, daß der Mittler Christus nicht ausgeschlos-
sen werden darf. Wenn daher der Text sagt, den Werken werde das ewige Leben
geschenkt, meint er, es werde den Gerechtfertigten gegeben, weil gute Werke Gott nur
bei den Gerechtfertigten gefallen, d. h. bei denen, die glauben, daß sie Gott um
Christi willen angenehm sind. Auch bringen die Gerechtfertigten notwendig gute
Werke oder gute Früchte hervor, wie: „Ich habe gehungert, und ihr habt mir zu es-
sen gegeben.“ Wenn es hier heißt, das ewige Leben werde diesen Werken geschenkt,
bedeutet das, es werde der Gerechtigkeit geschenkt. Er schließt also den Glauben ein,
wenn er die Früchte nennt. Ferner nennt die Schrift die Früchte, um zu zeigen, daß
nicht Heuchelei gefordert wird, sondern die Gerechtigkeit, die tätig ist, und ein
gewisses neues Leben, das gute Früchte hervorbringt.
[Unaufgebbare Einsicht: Heil aus Gottes Barmherzigkeit durch Glauben]
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Wir betreiben hier auch keine müßige Haarspalterei. Es sind nämlich höchst wichtige
Gründe, um derentwillen wir dies erörtern. Wenn wir nämlich den Gegnern
zugestehen, daß Werke das ewige Leben verdienen, knüpfen sie alsbald jenes Wider-
sinnige daran, daß die Werke dem Gesetz Gottes Genüge tun, daß sie der Barmher-
zigkeit nicht bedürfen, daß wir gerecht, d. h. Gott angenehm sind wegen unserer
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