Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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Werke, nicht um Christi willen, daß die Menschen mehr, als das Gesetz fordert, lei-
sten können. So wird die ganze Lehre von der Glaubensgerechtigkeit vernichtet. Es ist
aber notwendig, in der Kirche die reine Lehre von der Glaubensgerechtigkeit zu
erhalten. Daher müssen wir die pharisäischen Meinungen der Gegner zurückweisen;
sowohl um den Ruhm Christi erstrahlen zu lassen, als auch um den Gewissen starke
Tröstungen vor Augen zu stellen. Denn wie soll das Gewissen eine feste Hoffnung auf
das Heil empfangen, wenn es im Gericht fühlt, daß die Werke unwürdig sind, es sei
denn, es glaubt, daß die Menschen aus Barmherzigkeit für gerecht erklärt und geret-
tet werden, Christi wegen, nicht wegen der eigenen Gesetzeserfüllung? Oder meinte
Laurentiu
auf dem Rost, er tue durch dieses Werk dem Gesetz Gottes Genüge, er sei
ohne Sünde, er bedürfe nicht des Mittlers Christus und der Barmherzigkeit Gottes?
Der aber weicht nicht vom Propheten ab, der sagt: „Geh nicht ins Gericht mit deinem
Knecht, denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht“ (Ps 143, 2). [CR 524] Bernhard
bekennt, seine Werke seien nicht des ewigen Lebens würdig, wenn er sagt:
„Verwerflich habe ich gelebt!
Aber er richtet sich auf und schöpft Hoffnung auf
das Heil daraus, daß er glaubt, daß um Christi willen aus Barmherzigkeit die Sün-
denvergebung und das ewige Leben geschenkt werden. Wie der Psalm lehrt: „Wohl
dem, dem die Übertretungen vergeben sind“ (Ps 32, 1). Auch Paulus sagt es. David
besingt die Seligkeit des Menschen, dem Gott Gerechtigkeit zurechnet ohne Werke.
Paulus sagt, selig sei der, dem die Gerechtigkeit durch den Glauben an Christus
zugerechnet wird, auch wenn er keine guten Werke hat. Durch solche Tröstungen
muß man die Gewissen aufrichten und stärken, [nämlich] daß um Christi willen
durch den Glauben die Vergebung der Sünden, die Zurechnung der Gerechtigkeit und
das ewige Leben zuteil werden. Wenn an den Stellen über die Werke der Glaube in
dieser Weise verstanden wird, sprechen sie nicht gegen unsere Lehre. Und in der Tat
ist es notwendig, immer den Glauben hinzuzufügen, damit wir nicht den Mittler
Christus ausschließen. Auf den Glauben aber müssen gute Werke folgen, weil ein
Glaube ohne gute Werke Heuchelei ist.
[Vertrauen auf Gottes Gnade: nicht zu verfälschen durch Rückbezug auf eigenes
Tun]
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Sie haben auch in den Schulen bestimmte, mit unserer Lehre übereinstimmende
Worte, die besagen, daß die guten Werke Gott um der Gnade willen gefallen. Ebenso,
daß man der Gnade Gottes vertrauen soll. Diese Sprüche deuten sie nicht angemes-
sen. Denn die Alten wußten, daß man der Gnade, d. h. der Barmherzigkeit Gottes
vertrauen muß, der verheißt, daß wir um Christi willen angenehm sind. Die Neueren
aber übertragen das Vertrauen auf unser Werk. Sie lehren, man müsse der Gnade,
d. h. der Liebe, vertrauen, mit der wir Gott lieben. Diese Deutung ist falsch. Denn
weil sie unrein und unzureichend ist, sollen wir nicht auf unsere Liebe vertrauen,
sondern auf die Verheißung der Barmherzigkeit. Man äußert auch, daß gute Werke
66 S. o. Nr. 68, Anm. 61.
67 Zitat nicht belegbar.