Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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schien für den Augenblick zu genügen zur Verteidigung der von uns gegebenen Be-
schreibung der Kirche. Auch sehen wir nicht, wie die Kirche – da sie im eigentlichen
Sinne „Leib Christi“ genannt wird – anders zu beschreiben wäre, als wir sie be-
schrieben haben. Denn bekanntlich gehören die Gottlosen zum Reich und zum Leib
des Teufels, der die Gottlosen treibt und gefangen hält. All das ist klarer als das Licht
der Mittagssonne. Dennoch hören unsere Gegner nicht auf, dies zu verdrehen; es wird
uns aber nicht schwerfallen, darauf ausführlicher zu antworten.
[Einheit der Kirche auch bei ungleichen Traditionen]
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Die Gegner verdammen auch den Teil des siebten Artikels, in dem wir gesagt haben,
„zur wahren Einheit der Kirche“ genüge es, „übereinzustimmen in bezug auf die Leh-
re des Evangeliums und die Verwaltung der Sakramente“; es sei aber „nicht nötig,
daß die menschlichen Überlieferungen oder von Menschen eingesetzten Riten und
Zeremonien überall gleich sind“. Hier unterscheiden sie zwischen universalen und
partikularen Riten und billigen unseren Artikel, sofern er auf die partikularen Riten
bezogen wird. In bezug auf die universalen Riten akzeptieren sie ihn nicht.
Wir verstehen nicht ganz, was die Gegner wollen. Wir [CR 530] sprechen von der
wahren, d. h. der geistlichen Einheit der Kirche, ohne die der Glaube im Herzen oder
die Gerechtigkeit des Herzens vor Gott nicht bestehen kann. Dazu, so sagen wir, be-
darf es nicht der Gleichheit menschlicher Riten (seien es nun universale oder partiku-
lare), weil die Glaubensgerechtigkeit nicht an bestimmte Überlieferungen geknüpft ist
(so wie die Gerechtigkeit des Gesetzes an die mosaischen Kultvorschriften gebunden
war), da jene Gerechtigkeit des Herzens etwas ist, was die Herzen lebendig macht. Zu
dieser Lebendigmachung tragen die menschlichen Überlieferungen (seien sie [nun]
universal oder partikular) nichts bei. Auch sind sie keine Wirkungen des Heiligen
Geistes wie Keuschheit, [242] Geduld, Gottesfurcht, Nächstenliebe und Werke der
Liebe.
Auch sind es gewichtige Gründe gewesen, warum wir diesen Artikel aufgestellt ha-
ben. Denn es steht fest, daß sich viele törichte Meinungen über die Traditionen in die
Kirche eingeschlichen haben. Manche glaubten, die menschlichen Überlieferungen
seien zur Erlangung der Rechtfertigung notwendige Gottesdienste. Und später stritten
sie darüber, welcher [Gottesdienst] geschehen solle, da man Gott mit solcher Vielfalt
diente. So als wären diese Gepflogenheiten eine [verbindliche] Gottesverehrung und
nicht vielmehr äußere und weltliche Anordnungen, die nichts zur Gerechtigkeit des
Herzens oder Verehrung Gottes beitragen und an einem Ort aus Zufall, am anderen
aus bestimmten vernünftigen Gründen voneinander abweichen. Ebenso haben einige
Kirchen andere wegen derartiger Überlieferungen ausgeschlossen, wie wegen des
Ostertermins, wegen der Bilder oder ähnlicher Dinge
Daher haben unerfahrene
Menschen gemeint, der Glaube oder die Herzensgerechtigkeit vor Gott könnten ohne
73 Anspielung auf den altkirchlichen „Passastreit“ (2. Jahrhundert) zwischen den Gemeinden in Rom und in
Kleinasien sowie den „Bilderstreit“ des 8. Jahrhunderts in der Kirche des Oströmischen Reiches.