Die Bekenntnisschriften - page 148

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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die Herzen betreffen und durch den Gebrauch vergehen, dann darf man nicht urtei-
len, sie seien zur Gerechtigkeit vor Gott notwendig. Und im gleichen Sinne sagt er
Röm 14 (v. 17): „Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtig-
keit und Frieden und Freude im Heiligen Geist.“ Aber man braucht nicht viele Belege
anzuführen, denn in der Schrift begegnen sie überall; und wir haben in unserem
Bekenntnis [244] sehr viele in den späteren Artikeln zusammengetragen.
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Auch soll
das in diesem Streit zu Entscheidende weiter unten wiederholt werden, nämlich: ob
menschliche Überlieferungen zur Gerechtigkeit vor Gott nötige Kulthandlungen sind?
Dort werden wir ausführlicher darüber disputieren.
Die Gegner sagen, die Überlieferungen seien deshalb zu bewahren, weil sie als von
den Aposteln überliefert gelten. Oh, welch fromme Menschen! Von den Aposteln
angefangene Riten wollen sie behalten; nicht aber die Lehre der Apostel. Über jene
Riten ist so zu urteilen, wie die Apostel selbst in ihren Schriften sie beurteilen. Denn
die Apostel haben uns nicht glauben machen wollen, daß wir durch solche Riten ge-
rechtfertigt werden, [bzw.] daß sie zur Gerechtigkeit vor Gott notwendige Dinge seien.
Die Apostel haben den Gewissen keine solche Last aufbürden wollen; sie haben Ge-
rechtigkeit und Sünde nicht auf die Einhaltung von Tagen, Speisen oder ähnlichen
Dingen stellen wollen. Vielmehr bezeichnet Paulus solche Auffassungen als „Teu-
felslehren“ (1. Tim 4, 1). Daher müssen Wille und Absicht der Apostel aus ihren
Schriften erhoben werden. Es genügt nicht, ein Beispiel anzuführen. Sie hielten be-
stimmte Tage ein, nicht weil dies zur Rechtfertigung notwendig gewesen wäre, son-
dern damit das Volk wüßte, zu welcher Zeit man sich versammeln solle. Sie bewahr-
ten auch bestimmte andere Riten, eine Ordnung der Lesungen, wenn man sich
versammelte. Auch hat das Volk, wie das so geschieht, manches von den väterlichen
Sitten bewahrt. Die Apostel haben manches verändert der Geschichte des Evangeli-
ums angepaßt, wie das Oster- und das Pfingstfest, [CR 532] um der Nachwelt nicht
nur durch das Lehren, sondern auch durch diese Beispiele das Gedächtnis der wich-
tigsten Dinge zu überliefern. Wenn [aber] dies als notwendig für die Rechtfertigung
überliefert worden ist, warum haben die Bischöfe dann später vieles daran verändert?
Wenn es göttlichen Rechts war, durfte man es nicht durch menschliche Autorität
verändern.
[Ostertermine: Rücksichtnahme, nicht Zwang]
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Das Osterfest hielten vor dem Konzil von Nizäa einige zu anderer Zeit. Diese Un-
gleichheit hat aber nicht den Glauben beschädigt. Später wurde durch eine Berech-
nung sichergestellt, daß unser Osterfest nicht mit dem jüdischen Passafest zusam-
menfällt. Doch hatten die Apostel befohlen, das Osterfest gemeinsam mit den aus
dem Judentum übergetretenen Brüdern zu halten. [245] Deshalb haben einige Völker
diese Sitte auch nach dem Konzil von Nizäa hartnäckig bewahrt, um den jüdischen
Festtermin einzuhalten. Aber die Apostel wollten der Kirche durch jenes Dekret kei-
75 So etwa im Art. 26 des Augsburger Bekenntnisses.
1...,138,139,140,141,142,143,144,145,146,147 149,150,151,152,153,154,155,156,157,158,...549
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