Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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[Art. XV:] Von den menschlichen Überlieferungen in der Kirche
[Rechtfertigung durch menschliche Satzungen wird durch das Zeugnis der Schrift
ausgeschlossen]
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Im fünfzehnten Artikel heißen sie den ersten Teil gut, in dem wir sagen, daß
kirchliche Riten, die ohne Sünde befolgt werden können und zum Frieden und zu
guter Ordnung in der Kirche beitragen, befolgt werden sollen. Den zweiten Teil [des
Artikels] verdammen sie völlig. In ihm sagen wir, daß menschliche Traditionen, die
zur Versöhnung Gottes, zum Verdienen von Gnade oder zur Genugtuung für Sünden
eingeführt wurden, dem Evangelium widersprechen. Obwohl wir im Bekenntnis
selbst [nämlich im Artikel] „Von der Unterscheidung der Speisen“ ausführlich genug
über Traditionen gesprochen haben, muß hier doch einiges kurz wiederholt werden.
[298] Auch wenn wir
annehmen
, daß die Gegner die menschlichen Traditionen aus
anderen Gründen verteidigen würden, so haben wir doch nicht geglaubt, daß sie die-
sen Artikel verdammen würden: Daß wir nicht durch Beachtung menschlicher Sat-
zungen Sündenvergebung oder Gnade verdienen. Nachdem also dieser Artikel ver-
dammt worden ist, haben wir eine leichte und klare Sache. Jetzt gebärden sich die
Gegner offen wie Juden; öffentlich überschütten sie das Evangelium mit Dämonen-
lehren. Die Schrift nämlich bezeichnet Überlieferungen dann als „Dämonenleh-
ren“ (1. Tim 4, 1), wenn man lehrt, es handele sich um Kulte, die zum Erwerb der
Sündenvergebung und der Gnade dienen. Dann nämlich verdunkeln sie das Evangeli-
um, die Wohltat Christi und die Glaubensgerechtigkeit. Das Evangelium lehrt, daß
wir durch den Glauben um Christi willen umsonst die Sündenvergebung empfangen
und mit Gott versöhnt werden. Die Gegner dagegen stellen einen anderen Mittler auf,
nämlich diese Überlieferungen. Ihretwegen wollen sie die Sündenvergebung erlan-
gen; durch sie wollen sie den Zorn Gottes besänftigen. Aber Christus sagt klar: „Sie
ehren mich vergeblich durch Menschengebote“ (Mt 15, 9).
Oben haben wir ausführlich dargelegt, daß die Menschen [CR 574] durch den
Glauben gerechtfertigt werden, wenn sie glauben, einen versöhnten Gott zu haben
nicht wegen unserer Werke, sondern umsonst um Christi willen. Dies ist gewiß die
Lehre des Evangeliums, weil Paulus Eph 2 (v. 8 f.) deutlich sagt: „Aus Gnade seid ihr
selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht von
Menschen.“ Jetzt [aber] sagen diese Leute, die Menschen würden die Sündenverge-
bung durch diese menschlichen Satzungen verdienen. Was ist dies anderes, als an
Christi Stelle einen anderen Rechtfertiger, einen anderen Mittler aufzustellen? Paulus
sagt zu den Galatern: „Ihr habt Christus verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht-
fertigt werden wollt.“ (Gal 5, 4) Das heißt: Wenn ihr meint, ihr würdet durch Beach-
tung des Gesetzes verdienen, daß ihr vor Gott für gerecht gehalten werdet, wird
Christus euch nichts nützen; denn wozu brauchen diejenigen Christus, die meinen, sie
seien gerecht aufgrund ihrer Beachtung des Gesetzes? Gott hat uns Christus vor
Augen gestellt, weil er uns um dieses Mittlers [und] nicht um unserer Gerechtigkeiten
willen gnädig sein will. Aber sie meinen, Gott sei versöhnt und gnädig um der Überlie-
ferungen und nicht um Christi willen. Sie rauben Christus also die Ehre des Mittlers.