Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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[Art. XIII:] Von der Anzahl und vom Gebrauch der Sakramente
[Die Zahl der Sakramente. Eigentliche Sakramente: Taufe, Abendmahl, Buße]
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Im dreizehnten Artikel heißen es die Gegner gut, daß wir sagen, die Sakramente seien
nicht nur zwischenmenschliche Erkennungszeichen, wie manche behaupten, sondern
vielmehr Zeichen und Zeugnisse des Willens Gottes uns gegenüber, durch welche
Gott die Herzen zum Glauben bewegt. Doch wollen sie hier, daß auch wir sieben
Sakramente zählen. [292] Wir meinen, darauf dringen zu müssen, daß die in den
Schriften eingesetzten Bräuche und Zeremonien (wie viele es auch sein mögen) nicht
gering geschätzt werden. Wir meinen aber, daß nicht viel daran liegt, wenn andere der
Lehre wegen anders zählen, sofern sie die in der Schrift überlieferten Dinge richtig
bewahren. Auch haben die Alten nicht in der gleichen Weise gezählt.
[CR 570] Wenn wir die Sakramente als Riten bezeichnen, die auf ein Gebot Gottes
zurückgehen und denen eine Verheißung der Gnade beigefügt ist, ist es leicht zu ent-
scheiden, welche [Riten] eigentlich Sakramente sind. Denn von Menschen eingeführ-
te Riten werden auf diese Weise nicht im eigentlichen Sinne als Sakramente gelten
können. Es liegt nämlich nicht in menschlicher Macht, Gnade zu verheißen. Deshalb
sind Zeichen, die ohne ein Gebot Gottes eingeführt worden sind, keine gewissen Gna-
denzeichen, auch wenn sie vielleicht grobe Menschen belehren oder an etwas erinnern.
Im wahren Sinne „Sakramente“ sind daher [nur] die Taufe, das Abendmahl und die
Lossprechung, die das Sakrament der Buße ist. Denn diese Riten haben ein Gebot
Gottes und haben eine Verheißung der Gnade, die das Besondere des Neuen Testa-
ments ist. Denn die Herzen müssen gewiß urteilen: Wenn wir getauft werden, wenn
wir den Leib Christi genießen, wenn wir losgesprochen werden, [dann] verzeiht uns
Gott wirklich um Christi willen. Und Gott bewegt die Herzen zugleich durch das
Wort und die Handlung, daß sie glauben und den Glauben empfangen, wie Paulus
schreibt: „Der Glaube kommt aus der Predigt“ (Röm 10, 17). Wie aber das Wort in
die Ohren dringt, um die Herzen zu berühren, so fällt die Handlung in die Augen, um
die Herzen zu bewegen. Die Wirkung des Wortes und der Handlung ist die gleiche,
wie es von Augustinus treffend gesagt worden ist: „Das Sakrament ist ein sichtbares
Wort, [293] weil die Handlung mit den Augen wahrgenommen wird und gleichsam
ein Bild des Wortes ist, welches das gleiche zum Ausdruck bringt wie das Wort. Da-
her haben beide die gleiche Wirkung.“
[Zur sonstigen Verwendung des Sakramentsbegriffs]
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Die Firmung und die letzte Ölung sind von den Vätern übernommene Riten, die auch
die Kirche nicht als heilsnotwendig fordert, weil sie kein Gebot Gottes haben. Des-
halb ist es sinnvoll, diese Riten von den oben aufgeführten zu unterscheiden, die ein
ausdrückliches Gebot Gottes und eine klare Verheißung der Gnade haben.
127 Noch im frühen Mittelalter gab es unterschiedliche Auffassungen von der Art und Zahl der Sakramente. Erst im
Anschluß an Petrus Lombardus († 1160) setzte sich die Siebenzahl der Sakramente durch. Verbindlich festgelegt
wurde sie 1439 durch das Konzil von Florenz.
128 Augustinus, Traktat 80 (zu Joh 3).