Die Bekenntnisschriften - page 212

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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Christi Ehre und Amt besser erkannt werden könne) die Anrufung der Heiligen nicht
fordern und die Mißbräuche der Heiligenverehrung genau benennen, dulden sie nicht.
Obwohl sich allerorten alle trefflichen Männer zur Abstellung dieser Mißbräuche
entweder die Autorität der Bischöfe oder die Sorgfalt der Prediger wünschen, über-
sehen unsere Gegner in der Konfutation dennoch auch ganz offenkundige Fehler, so
als wollten sie uns nach Annahme der Konfutation dazu zwingen, auch die bekann-
testen Mißbräuche gutzuheißen.
[Schluß des ersten Teils der Apologie]
[Unlauteres Vorgehen der Gegner]
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[326] So hinterlistig ist die Konfutation nicht nur an dieser Stelle, sondern fast überall
abgefaßt. Es gibt keine Stelle, an der sie von ihren Lehrsätzen offenkundige
Mißbräuche unterscheiden. Und doch gibt es bei ihnen auch Vernünftigere, die zuge-
ben, daß in der Lehre der Scholastiker und Kirchenrechtler viele falsche Auffassun-
gen stecken, daß außerdem bei so großer Unwissenheit und Nachlässigkeit der Pfar-
rer viele Mißbräuche in die Kirche eingedrungen sind. Denn Luther war nicht der
erste, der über die öffentlichen Mißbräuche klagte. Denn viele gelehrte und vortreff-
liche Männer haben lange vor diesen Zeiten die Mißbräuche der Messe beklagt, das
Vertrauen auf die mönchischen Gebräuche, die gewinnträchtigen Heiligenkulte, die
Verwirrung in der Lehre von der Buße, die in der Kirche ganz besonders deutlich und
geordnet vor Augen stehen müßte. Wir haben selbst gehört, daß vorzügliche Theolo-
gen eine Mäßigung der scholastischen Lehre ersehnten, [CR 594] die viel mehr phi-
losophische Zänkereien als Frömmigkeit enthält. Und doch stehen darin die älteren
[Theologen] der Schrift fast noch näher als die neueren. So ist deren Theologie mehr
und mehr verkommen. Und viele treffliche Männer, die gleich zu Beginn Luther zu
schätzen begannen, hatten dafür keinen anderen Grund, als daß sie sahen, daß Luther
die Herzen der Menschen aus jenen Labyrinthen verworrenster und endloser Streit-
fragen, die es bei den scholastischen Theologen und Kirchenrechtlern gibt, heraus-
führt und zur Frömmigkeit dienende Dinge lehrt.
[327] Daher haben die Gegner nicht lauter gehandelt, als sie, weil sie unsere Zu-
stimmung zur Konfutation wollten, die Mißbräuche verschwiegen. Und wenn sie
einen Rat für die Kirche gewünscht hätten, besonders an diesem Ort, bei dieser Gele-
genheit, so hätten sie den hochedlen Kaiser dazu auffordern müssen, einen Beschluß
zur Abstellung der Mißbräuche zu fassen. Denn wir haben deutlich bemerkt, daß der
Kaiser sehr bestrebt ist, die Kirche in einen guten Zustand zu versetzen und zu heilen.
Aber die Gegner tun nichts, um den höchst ehrenhaften und heiligen Willen des Kai-
sers zu unterstützen, sondern [tun alles], um uns auf jede Weise zu unterdrücken.
Viele Zeichen deuten darauf hin, daß sie um den Zustand der Kirche wenig besorgt
sind. Sie verwenden keine Mühe darauf, dem Volk eine bestimmte Zusammenfassung
der kirchlichen Lehren an die Hand zu geben. Offenkundige Mißbräuche verteidigen
sie mit neuartiger und ungewöhnlicher Grausamkeit. Sie dulden keine geeigneten
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