Die Bekenntnisschriften - page 204

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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[314] Daher ist es eine unerträgliche Lästerung, die Ehre Christi unseren Werken
beizulegen. Ohne Scham wagen es diese Theologen, eine solche Meinung in der Kir-
che zu verbreiten. Doch bezweifeln wir nicht, daß der allerhöchste Kaiser und die
Mehrzahl der Fürsten diese Stelle keinesfalls in der Konfutation belassen hätten,
wenn sie darauf aufmerksam gemacht worden wären. Wir könnten hierzu zahllose
Zeugnisse aus der Schrift, aus den Vätern zitieren. Doch haben wir auch oben bereits
reichlich genug darüber gesprochen. Auch braucht der keine weiteren Zeugnisse, der
weiß, weshalb Christus uns geschenkt wurde, der weiß, daß Christus die Versöhnung
für unsere Sünden ist. Jesaja sagt: „Der Herr warf unser aller Sünde auf ihn“ (Jes 53, 6).
Die Gegner behaupten dagegen, Gott lege unsere Sünden nicht auf Christus, sondern
auf unsere Werke. Und man darf hier nicht [laut] sagen, was für Werke sie lehren.
Wir sehen, daß ein furchtbares Dekret gegen uns verfaßt wurde; es würde uns aber
mehr erschrecken, wenn wir für zweifelhafte oder leichtfertige Meinungen kämpften.
Jetzt [aber], wo unsere Gewissen begreifen, daß das, was von den Gegnern verdammt
wird, die offenkundige Wahrheit ist, deren Verteidigung für die Kirche notwendig
[CR 586] ist und die Ehre Christi vermehrt, verachten wir leichthin die Schrecken der
Welt und werden das, was zu erleiden ist, um der Ehre Christi willen und der Kirche
zum Nutzen mit großem Mut ertragen. Wer sollte sich nicht freuen, zu sterben mit
dem Bekenntnis dieser Artikel, daß wir die Sündenvergebung durch den Glauben
umsonst um Christi willen erlangen, daß wir die Sündenvergebung nicht durch unsere
Werke verdienen? Keinen hinreichend starken Trost werden die Gewissen der From-
men haben gegen die Schrecken der Sünde und des Todes und gegen den Teufel, der
sie zur Verzweiflung treibt, wenn sie nicht wissen, daß sie darauf vertrauen sollen,
umsonst um Christi willen die Vergebung der Sünden zu erhalten. Dieser Glaube
richtet die Herzen auf und macht sie lebendig in jenem erbitterten Kampf gegen die
Verzweiflung.
[315] Es ist also eine wichtige Sache, um derentwillen wir keine Gefahr scheuen.
So „weiche [also auch du] nicht den Übeln, sondern tritt ihnen um so beherzter ent-
gegen“
,
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der du unserem Bekenntnis zustimmst, obwohl die Gegner dir durch
Schrecken, Martern, Todesurteile den großen Trost rauben wollen, der der ganzen
Kirche in diesem unseren Artikel vor Augen gestellt ist.
Auch wird es dem, der nach Zeugnissen der Schrift sucht, die ihm sein Herz ermu-
tigen, nicht an solchen fehlen. Denn Paulus ruft „mit aller Kraft“, wie man sagt, Röm 3
und 4, daß die Sünden umsonst vergeben werden um Christi willen (Röm 3, 24 f.).
Deshalb sagt er: „Aus Glauben werden wir gerecht, und umsonst, damit die Verhei-
ßung festbleibe“ (Röm 4, 16). Das bedeutet: Wenn die Verheißung von unseren
Werken abhinge, wäre sie nicht zuverlässig. Wenn die Sündenvergebung um unserer
Werke willen gegeben würde – wann wüßten wir, daß wir sie erlangt hätten; wann
fände das erschrockene Gewissen ein Werk, von dem es glauben könnte, daß es ge-
nüge, um Gottes Zorn zu versöhnen? Doch haben wir schon oben über die ganze
147 Vergil, Aeneis, Buch 6, Vers 95.
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