Die Bekenntnisschriften - page 218

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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Wort Gottes [so] gebildet, daß sie nicht nur zu Beginn der Schöpfung fruchtbar sein
soll, sondern so lange, wie diese Natur der Körper existiert. [CR 599] So wie durch
dieses Wort die Erde fruchtbar wird: „Es lasse die Erde aufgehen Gras und
Kraut“ (1. Mose 1, 11). Aufgrund dieser Anordnung hat die Erde nicht nur zu Anfang
begonnen, Gräser zu treiben, sondern die Äcker werden Jahr für Jahr bekleidet, so-
lange diese Natur besteht. Wie also die Natur der Erde nicht durch menschliche Ge-
setze verändert werden kann, so kann auch die Natur des Menschen ohne eine beson-
dere Einwirkung Gottes weder durch Gelübde noch durch ein menschliches Gesetz
verändert werden.
[(2) Naturrechtscharakter der Ehe: legitimes natürliches Verlangen der Geschlechter]
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Zweitens. Und weil diese göttliche Schöpfung oder Ordnung im Menschen ein
natürliches Recht ist, deshalb haben die Rechtsgelehrten weise und treffend gesagt,
die Verbindung von Mann und Frau sei ein Naturrecht. Da aber das Naturrecht un-
veränderbar ist, muß das Recht, eine Ehe einzugehen, immer bestehen bleiben. Denn
wenn die Natur nicht verändert wird, muß auch jene Ordnung bleiben, die Gott der
Natur eingestiftet hat, und sie kann nicht durch menschliche Gesetze aufgehoben
werden. Es ist daher lächerlich, daß die Gegner schwätzen, die Ehe sei zu Beginn ein
Gebot gewesen, jetzt aber sei sie es nicht [mehr]. Das ist so, als würden sie sagen:
[336] Einst hatten die Menschen bei der Geburt ein Geschlecht, jetzt [aber] haben sie
es nicht mehr. Einst hatten die Menschen bei der Geburt das Naturrecht in sich, jetzt
nicht mehr. – Kein Handwerker könnte etwas Fabrizierteres
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ersinnen als diese
Albernheiten, die erdacht wurden, um mit dem Naturrecht ein Spiel zu treiben. Daher
bleibe es in dieser Sache auch bei dem, was die Heilige Schrift lehrt und auch ein
Rechtsgelehrter weise gesagt hat: Daß die Verbindung von Mann und Frau auf dem
Naturrecht beruht. Ferner gilt: Das natürliche Recht ist wirklich ein göttliches Recht,
weil es eine Ordnung ist, die der Natur von Gott eingestiftet wurde. Weil aber dieses
Recht ohne besondere Einwirkung Gottes nicht verändert werden kann, muß das
Recht, eine Ehe einzugehen, bestehen bleiben, denn jenes natürliche Verlangen des
einen Geschlechtes nach dem anderen ist eine Ordnung Gottes in der Natur und des-
halb ein Recht. Wozu sonst wären beide Geschlechter erschaffen worden? Auch re-
den wir nicht, wie oben gesagt, von der Begierde, welche Sünde ist, sondern von
jenem Verlangen, das sie die „natürliche Neigung“ nennen, das die [sündige] Begier-
de nicht aus der Natur getilgt, sondern so entflammt hat, daß es jetzt eher eines
Heilmittels bedarf, und daß die Ehe nicht nur der Fortpflanzung wegen, sondern auch
als Heilmittel notwendig ist. [CR 600] Das sind klare und so starke Argumente, daß
man sie auf keine Weise zu Fall bringen kann.
172 Wortspiel mit dem Namen eines Mitverfassers der Konfutation, Johann Faber (auch: Fabri; faber = Handwerker);
als Generalvikar in Konstanz und (ab 1530) Bischof von Wien entschiedener Bekämpfer der Reformation in der
Schweiz und in Österreich.
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