Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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Sache gesprochen
Von dort mag der Leser [daher auch] die Zeugnisse nehmen.
Denn die Niederträchtigkeit der Streitsache hat uns hier nicht zur Erörterung, sondern
zur Klage genötigt: Weil sie an dieser Stelle ausdrücklich erklärt haben, sie mißbilli-
gen diesen unseren Artikel, daß wir die Sündenvergebung nicht wegen unserer Werke
erlangen, sondern durch den Glauben und umsonst um Christi willen.
[Nichtssagende Belege der Gegner für ihr Urteil]
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Die Gegner fügen ihrem Verdammungsurteil auch noch Belegstellen bei. Und es ist
der Mühe wert, das eine oder andere zu zitieren. Aus 2. Petr 1 (v. 10) führen sie an:
„Strebt danach, eure Berufung festzumachen“ usw. Du siehst, lieber Leser, daß unse-
re Gegner keine Zeit mit dem Studium der Dialektik verschwendet haben, sondern
die Kunstfertigkeit besitzen, aus den Schriften gerade das abzuleiten, was ihnen be-
liebt: „‚Macht eure Berufung fest durch gute Werke.‘ Also verdienen Werke die
Sündenvergebung.“ Das wird fürwahr eine schlüssige Beweisführung sein, [316]
wenn einer im Blick auf einen zum Tode Verurteilten, dem die Strafe erlassen wurde,
folgendermaßen argumentiert: „Die Obrigkeit befiehlt dir, dich zukünftig einer neu-
erlichen Untat zu enthalten. Also hast du den Straferlaß dadurch verdient, daß du
dich jetzt einer weiteren enthältst.“ [CR 587] So zu argumentieren heißt, aus einer
nicht vorhandenen Ursache eine Ursache zu machen. Denn Petrus spricht von den
Werken, die der Sündenvergebung folgen, und lehrt, weshalb sie getan werden sol-
len, nämlich, damit die Berufung fest ist, d. h., damit sie nicht aus ihrer Berufung
fallen, wenn sie neuerlich sündigen. „Tut gute Werke, damit ihr in der Berufung be-
harrt“ und nicht die Gaben der Berufung verliert, die euch zuvor zuteil geworden
sind. Nicht wegen der nachfolgenden Werke, sondern schon durch den Glauben wer-
den sie bewahrt. Und der Glaube bleibt nicht in denen, die den Heiligen Geist verlie-
ren, die die Buße verwerfen, wie wir oben gesagt haben: „Der Glaube lebt in der
Buße.“
Sie fügen auch noch andere Schriftworte hinzu, die nicht besser passen. Zuletzt sa-
gen sie, diese Meinung sei schon vor tausend Jahren zur Zeit Augustins verdammt
worden. Das ist auch völlig falsch. Immer nämlich hat die Kirche Christi geglaubt,
daß die Vergebung der Sünden umsonst geschieht. Im Gegenteil: Die Pelagianer sind
verdammt worden, weil sie behaupteten, die Gnade werde wegen unserer Werke ge-
geben. Im übrigen haben wir oben hinreichend deutlich gemacht, daß wir meinen,
gute Werke müßten notwendig dem Glauben folgen. „Denn wir heben nicht das Ge-
setz auf“, sagt Paulus, „sondern bestätigen es“ (Röm 3, 31). Denn wenn wir durch den
Glauben den Heiligen Geist empfangen haben, folgt notwendig die Erfüllung des
Gesetzes, durch die dann allmählich die Liebe wächst, die Geduld, die Keuschheit
und andere Früchte des Heiligen Geistes.
148 S. o. Nr. 24.25.
149 S. o. Nr. 44.