Die Bekenntnisschriften - page 210

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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die einen den anderen – ihre Verdienste nicht zueignen, wie die Mönche die
Verdienste ihrer Orden verkaufen. Und Hilarius sagt über die törichten Jungfrauen:
„Und weil die törichten nicht entgegenlaufen können nach dem Verlöschen ihrer
Lampen, bitten sie diejenigen, die klug waren, ihnen Öl zu leihen. Sie antworteten
ihnen, daß sie es ihnen nicht geben könnten, weil es vielleicht nicht für alle genug
wäre. Es ist klar, daß niemandem mit fremden Werken oder Verdiensten zu helfen ist,
weil man für jede Lampe ihr eigenes Öl kaufen muß.“
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[323] Wenn also die Gegner lehren, das Vertrauen auf die Anrufung der Heiligen zu
setzen (obwohl sie dafür weder ein Wort Gottes noch ein Beispiel der Schrift haben),
und wenn sie Verdienste der Heiligen anderen zueignen (nicht anders als die
Verdienste Christi) und Christi eigene Ehre auf die Heiligen übertragen – so können
wir weder ihre Meinungen über den Heiligenkult noch ihren Brauch der Anrufung
übernehmen. Wir wissen nämlich, daß das Vertrauen auf die Fürsprache Christi zu
setzen ist, weil sie allein Gottes Verheißung hat. Wir wissen, daß allein die Verdien-
ste Christi uns Versöhnung bringen. Um der Verdienste Christi willen werden wir für
gerecht erklärt, wenn wir an ihn glauben, wie der Text sagt: „Wer an ihn glaubt, der
soll nicht zuschanden werden“ (Röm 9, 33; 1. Petr 2, 6). [CR 592]
Und wir werden
nicht durch das Vertrauen auf Verdienste der seligen Jungfrau
oder anderer Heiliger
gerechtfertigt
.
[Heidnische Vorstellungen von den „Aufgaben“ der Heiligen]
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Auch dieser Irrtum hält sich bei den Gelehrten, daß einzelnen Heiligen bestimmte
Aufgaben anvertraut seien, daß Anna
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Wohlstand schenkt, Sebastian
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vor der Pest
bewahrt, Valenti
n
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die Epilepsie heilt, Georg
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die Ritter schützt. Diese Überzeu-
gungen haben klar ihren Ursprung in heidnischen Vorbildern. So meinte man nämlich
bei den Römern, daß Juno reich mache, Febris vor Fieber schütze, Castor und Pollux
die Reiter schützen usw. Und gesetzt den Fall, die Heiligenanrufung würde sehr
maßvoll gelehrt – wozu muß man sie, da das Beispiel höchst gefährlich ist, verteidi-
gen, obwohl sie kein Gebot oder Zeugnis aus dem Worte Gottes hat? Mehr noch: Sie
hat auch nicht das Zeugnis der alten Schriftsteller. Denn erstens, wie ich oben gesagt
habe: Wenn neben Christus andere Mittler gesucht werden, dann wird das Vertrauen
auf andere gesetzt, dann wird die ganze Erkenntnis Christi verschüttet. Das zeigt die
Sache selbst. Zu Beginn scheint die Erwähnung der Heiligen, wie sie sich in alten
Gebeten findet, in erträglicher Absicht übernommen worden zu sein. Später folgte die
Anrufung; ungeheuerliche und mehr als heidnische Mißbräuche folgten dann auf die
Anrufung. [324] Von der Anrufung kam man zu den Bildern; auch diese wurden ver-
ehrt, und man meinte, ihnen wohne eine bestimmte Kraft inne, so wie Zauberer be-
154 Hilarius († 367), Kommentar zu Matthäus (zu Mt 25, 8.9).
155 Die Mutter der Maria. Sie galt u. a. als Patronin der Armen.
156 Nach der Legende ein Offizier der Prätorianergarde, Märtyrer unter Kaiser Diokletian, Patron gegen die Pest.
157 Missionar in Rhätien (5. Jahrhundert), Schutzpatron von Passau, Helfer gegen Epilepsie und Gicht.
158 Kappadokischer Krieger, Märtyrer unter Kaiser Diokletian, Patron der Ritter.
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