Die Bekenntnisschriften - page 226

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
266
wirklich enthalten. Daß aber Jesaja sagt: „Reinigt euch, die ihr des Herrn Geräte
tragt“ (Jes 52, 11), muß von der Reinheit des Herzens, von der ganzen Buße verstan-
den werden. Im übrigen werden die Heiligen beim äußeren Verhalten wissen, wie-
weit es zuträglich ist, den ehelichen Verkehr zu mäßigen und, wie Paulus sagt, „das
Gefäß in Reinheit zu besitzen“ (1. Thess 4, 4). Schließlich: Da die Ehe rein ist, wird
denen, die im Zölibat nicht enthaltsam leben, mit Recht gesagt, daß sie heiraten sol-
len, um rein zu sein. So gebietet dasselbe Gesetz („Reinigt euch, die ihr des Herrn
Geräte tragt“), daß die unreinen Zölibatäre reine Eheleute werden sollen.
Das dritte Argument ist ungeheuerlich: Die Priesterehe sei die Ketzerei Jovinians.
Treffliche Worte! Das ist ein neues Verbrechen: Daß die Ehe eine Ketzerei sein soll!
Zur Zeit Jovinians kannte die Welt das Gesetz über den immerwährenden Zölibat
noch nicht. Es ist daher eine schamlose Lüge zu behaupten, [348] die Priesterehe sei
die Ketzerei Jovinians oder diese Ehe sei [schon] damals von der Kirche verdammt
worden. An Stellen dieser Art wird erkennbar, was die Gegner bei der Abfassung der
Konfutation im Sinn hatten. Sie haben gemeint, die Unerfahrenen seien sehr leicht in
Erregung zu versetzen, wenn sie häufig den Schmähruf: „Ketzerei!“ hören, wenn sie
meinen, unsere Sache sei [schon] durch viele frühere Entscheidungen der Kirche
vernichtet und verdammt worden. Deshalb führen sie oftmals zu Unrecht das Urteil
der Kirche an. Weil sie das genau wissen, wollten sie uns keine Abschrift ihrer Apo-
logie [= Konfutation] aushändigen, damit dieses leere Gerede und diese Verleum-
dungen nicht nachgewiesen werden könnten. Was aber die Auffassung Jovinians
anbelangt, so haben wir oben beim Vergleich von Jungfräulichkeit und Ehe gesagt,
was wir [darüber] denken. Denn wir stellen die Ehe und die Jungfräulichkeit nicht auf
eine Stufe – auch wenn weder die Jungfräulichkeit noch die Ehe die Rechtfertigung
verdienen.
[Ihre Stellung zum Zölibatsgesetz haben die Fürsten vor Gott zu verantworten]
155
[CR 608] Mit derart nichtigen Argumenten verteidigen sie das gottlose und für die gu-
ten Sitten verderbliche Gesetz. Mit solchen Begründungen wappnen sie die Herzen der
Fürsten gegen das Gericht Gottes, in dem Gott Rechenschaft darüber fordern wird,
warum sie die Ehen auseinandergerissen, warum sie die Priester gemartert, warum sie
sie ermordet haben. Denn zweifelt nicht: Wie das Blut des toten Abel schrie, so wird
auch das Blut der vielen guten Männer schreien, [349] gegen die man zu Unrecht gewü-
tet hat. Und Gott wird diese Raserei ahnden. Da werdet ihr erfahren, wie nichtig diese
Gründe der Gegner sind, und ihr werdet im Gericht Gottes erkennen, daß keine falschen
Anschuldigungen gegen das Wort Gottes Bestand haben, wie Jesaja spricht: „Alles
Fleisch ist Gras, und alle seine Herrlichkeit ist wie des Grases Blume“ (Jes 40, 6).
Unsere Fürsten werden sich, was immer auch geschehen mag, im Bewußtsein rich-
tiger Entscheidungen trösten können. Denn selbst wenn die Priester bei ihren Ehe-
schlüssen etwas Übles getan hätten: Jenes Auseinanderreißen der Ehen, jene Ächtun-
gen, jenes Wüten widerstreiten klar dem Willen und dem Worte Gottes. Neuerung
oder Spaltung erfreuen unsere Fürsten nicht. Aber man mußte mehr auf das Wort
Gottes achten, zumal in einer eindeutigen Sache, als auf alle anderen Dinge.
1...,216,217,218,219,220,221,222,223,224,225 227,228,229,230,231,232,233,234,235,236,...549
Powered by FlippingBook