Die Bekenntnisschriften - page 224

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
264
recht wäre, rechtschaffene Männer gleichwohl davon abschrecken müßten, eine sol-
che Last gutzuheißen, die unzählige Seelen zugrundegerichtet hat.
Lange Zeit haben alle rechtschaffenen Männer über diese Last geklagt, sei es ih-
retwegen oder anderer wegen, die sie in Gefahr sahen; aber diese Klagen hat kein
Bischof gehört. Und es ist kein Geheimnis, wie sehr dieses Gesetz den öffentlichen
Sitten schadet, welche Laster, welche schändlichen Begierden es geweckt hat. Es gibt
römische Satiren. In ihnen erkennt und liest Rom auch jetzt noch seine Unsitten.
[344] So rächt Gott die Verachtung seiner Gabe und Ordnung an denen, die die Ehe
verbieten. Wenn es aber bei anderen Gesetzen zu geschehen pflegt, daß man sie än-
dert, wenn ein klarer Vorteil dies ratsam erscheinen läßt – warum geschieht das [dann
nicht auch] bei diesem Gesetz, bei dem so viele gewichtige Gründe zusammenkom-
men, zumal in diesen letzten Zeiten, weshalb es geändert werden müßte? Die Natur
vergreist und wird allmählich hinfälliger, und die Laster nehmen zu, weshalb um so
mehr die von Gott überlieferten Heilmittel zu verwenden wären. Wir sehen, daß Gott
das Laster anprangert vor der Sintflut, daß er es anprangert, bevor die fünf Städte in
Flammen aufgehen (1. Mose 19, 24–29; Weish 10, 6). Ähnliche Laster sind dem
Untergang vieler anderer Städte vorausgegangen, wie dem von Sybaris oder Rom.
Und darin ist [uns] ein Bild der Zeiten vor Augen gestellt worden, die dem Ende der
Dinge vorausgehen werden. Deshalb wäre es besonders zu dieser Zeit nötig gewesen,
die Ehe durch strengste Gesetze und Vorbilder zu festigen [CR 606] und die Men-
schen zur Ehe zu ermutigen. Dies ist eine Aufgabe der Obrigkeit, die die öffentliche
Zucht bewahren muß. Unterdessen sollen die Lehrer des Evangeliums beides tun: Sie
sollen die, die nicht enthaltsam leben können, zur Ehe auffordern und die anderen
dazu mahnen, die Gabe der Enthaltsamkeit nicht zu verachten.
Die Päpste dispensieren täglich; täglich ändern sie andere, sehr gute Gesetze; bei
diesem einen Gesetz über den Zölibat [aber] sind sie eisern und unerbittlich, obwohl
es doch feststeht, daß es nur menschlichen Rechts ist. Und gerade dieses Gesetz ver-
schärfen sie jetzt auf vielfache Weise. Der kirchliche Rechtssatz gebietet, Priester aus
dem Dienst zu entfernen. Diese ungeeigneten Ausleger [aber] entheben sie nicht nur
des Amtes, sondern hängen sie [sogar] an den Bäumen auf.
180
Viele rechtschaffene
Männer töten sie grausam nur um der Ehe willen. Doch beweisen diese Morde selbst,
daß dieses Gesetz eine Teufelslehre ist. Denn weil der Teufel ein Mörder ist, vertei-
digt er sein Gesetz durch diese Morde.
[345] Wir wissen, daß eine Glaubensspaltung etwas Anstößiges an sich hat, weil
wir uns von denen losgerissen zu haben scheinen, die man für die rechtmäßigen Bi-
schöfe hält. Doch unsere Gewissen sind vollkommen ruhig, nachdem wir wissen, daß
wir, die wir mit größtem Bemühen die Eintracht herzustellen wünschen, die Gegner
nur dann versöhnen können, wenn wir die offenkundige Wahrheit verwerfen und uns
anschließend mit ihnen dahingehend verschwören, daß wir dieses ungerechte Gesetz
verteidigen wollen, geschlossene Ehen auflösen, Priester, wenn sie nicht gehorchen
wollen, töten und arme Frauen und Waisenkinder in die Verbannung schicken wol-
180 Wortspiel mit Bedeutungen des Wortes „suspendere“ (aufhängen, absetzen).
1...,214,215,216,217,218,219,220,221,222,223 225,226,227,228,229,230,231,232,233,234,...549
Powered by FlippingBook