Der Große Katechismus
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Solches Beten soll nun eben jetzt unser Schutz und Wehr sein, die alles zurück-
schlagen und niederlegen, was der Teufel, Bischöfe, Tyrannen und Ketzer gegen
unser Evangelium aufbringen können. Laß sie allzumal zürnen und ihr Höchstes ver-
suchen, beratschlagen und beschließen, wie sie uns niederhalten und ausrotten wol-
len, damit ihr Wille und Rat fortgehe und bestehe: Dagegen soll ein Christ oder zwei
mit diesem einzigen Stück unsere Mauer sein, gegen die sie anrennen und zugrunde
gehen. Den Trost und Trotz haben wir, daß der Wille und das Vorhaben des Teufels
und aller unserer Feinde untergehen und zunichte werden soll und muß, wie stolz,
sicher und gewaltig sie sich auch dünken. Denn wenn ihr Wille nicht gebrochen und
gehindert würde, so könnte weder sein Reich auf Erden bleiben noch sein Name ge-
heiligt werden.
Die vierte Bitte
Unser tägliches Brot gib uns heute.
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Hier bedenken wir nun den „armen Brotkorb“, die Grundbedürfnisse unseres Leibes
und zeitlichen Lebens. Es ist ein kurzes, einfaches Wort, greift aber auch sehr weit
um sich. Denn wenn du „täglich Brot“ nennst und bittest, so bittest du um alles, was
dazugehört, das tägliche Brot zu haben und zu genießen, und andererseits wider alles,
was das behindert. Darum mußt du deine Gedanken auftun und ausbreiten, nicht nur
in den Backofen oder Mehlkasten, sondern ins weite Feld und das ganze Land, das
das tägliche Brot und allerlei Nahrung trägt und uns bringt. Denn wenn es Gott nicht
wachsen ließe, segnete und auf dem Land erhielte, hätten wir kein Brot aus dem
Backofen zu nehmen oder auf den Tisch zu legen.
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Und um es kurz zu fassen: Diese Bitte will alles mit eingeschlossen haben, was zu
diesem ganzen Leben in der Welt gehört, weil wir allein deswegen das tägliche Brot
haben müssen. Nun gehört nicht nur zum Leben, daß unser Leib seine Nahrung und
seine Kleider und andere Bedürfnisse hat, sondern auch, daß wir unter den Leuten,
mit denen wir in täglichem Handel und Wandel und in manchem Treiben leben und
umgehen, in Ruhe und Frieden auskommen, zusammengefaßt, alles, was sowohl
häusliche und nachbarliche als auch bürgerliche Verhältnisse und Regierung betrifft.
Denn wo diese beiden gehindert werden, so daß sie nicht gehen, wie sie gehen sollen,
da wird auch die Erfüllung der nötigsten Bedürfnisse des Lebens gehindert, daß es auf
die Dauer nicht erhalten werden kann. Und es ist wohl das allernötigste, für weltliche
Obrigkeit und Herrschaft zu bitten, durch welche uns Gott am allermeisten unser täg-
liches Brot und alle Annehmlichkeit dieses Lebens erhält. Denn wenn wir auch von
Gott eine Fülle von allen Gütern bekommen haben, so können wir doch davon keines
behalten oder sicher und fröhlich gebrauchen, wenn er uns nicht eine beständige,
friedliche Regierung gäbe. Denn wo Unfriede, Hader und Krieg ist, da ist das tägliche
Brot schon genommen oder zum mindesten gefährdet.