Der Große Katechismus
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Darum möchte man zu Recht in das Wappenschild eines jeden rechtschaffenen Für-
sten anstatt eines Löwen oder Rautenkranzes ein Brot setzen oder es auf die Münze
als Prägung schlagen, um sowohl sie als auch die Untertanen daran zu erinnern, daß
wir durch ihr Amt Schutz und Frieden haben und ohne sie das liebe Brot weder essen
noch behalten können. Darum sind sie auch aller Ehren wert, so daß man ihnen dazu
gebe, was wir sollen und können, als denen, durch die wir alles, was wir haben, mit
Frieden und Ruhe genießen können, da wir sonst keinen Heller behalten würden, dazu
daß man auch für sie bitte, damit Gott desto mehr Segen und Gutes durch sie uns gebe.
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Also sei hier aufs kürzeste angezeigt und entworfen, wieweit dieses Gebet durch al-
lerlei Verhältnisse auf Erden hindurchgeht. Daraus könnte nun jemand ein langes
Gebet machen und mit vielen Worten alle diese Stücke, die da hineingehören, aufzäh-
len, nämlich daß wir bitten, daß uns Gott Essen und Trinken, Kleider, Haus und Hof
und gesunden Leib gebe, dazu Getreide und Früchte auf dem Feld wachsen und wohl
geraten lasse, danach uns auch daheim wohl haushalten helfe, eine tüchtige Frau,
Kinder und Dienstleute gebe und bewahre, unsere Arbeit, Handwerk oder was wir zu
tun haben, gedeihen und gelingen lasse, treue Nachbarn und gute Freunde beschere
usw. Ebenso möge er Kaiser, König und allen Ständen und besonders unseren Lan-
desfürsten, allen Räten, Oberherren und Amtsleuten Weisheit, Stärke und Glück ge-
ben, gut zu regieren und gegen Türken
und alle Feinde zu siegen. Den Untertanen
und den einfachen Leuten gebe er Gehorsam, Frieden und Eintracht, um miteinander
zu leben. Und andererseits möge er uns behüten vor allerlei Schaden an Leib und
Nahrung, vor Unwetter, Hagel, Feuer, Wasser, Gift, Pest, Viehsterben, Krieg und
Blutvergießen, Teuerung, schädlichen Tieren, bösen Leuten usw. Es ist gut, das alles
den einfachen Leuten einzuprägen, daß solches und dergleichen von Gott gegeben
und von uns erbeten werden muß.
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Vor allem aber ist dieses Gebet auch gegen unseren höchsten Feind, den Teufel,
gestellt. Denn das ist all sein Trachten und Begehren, alles das, was wir von Gott ha-
ben, zu nehmen oder zu verhindern. Und er läßt sich nicht daran genügen, daß er die
geistliche Herrschaft hindere und dadurch zerstöre, daß er die Seelen durch seine
Lügen verführt und unter seine Gewalt bringt, sondern er verwehrt und verhindert es,
daß weder eine Herrschaft noch ehrbare und friedliche Verhältnisse auf Erden beste-
hen. Da richtet er soviel Hader, Mord, Aufruhr und Krieg an, ebenso Unwetter, Ha-
gel, um das Getreide und das Vieh zu verderben, die Luft zu vergiften usw. Alles in
allem, es ist ihm leid, daß jemand einen Bissen Brot von Gott bekommt und in Frie-
den ißt. Und wenn es in seiner Macht stünde und unser Beten nächst Gott dem nicht
wehrte, würden wir freilich keinen Halm auf dem Felde, keinen Heller im Hause, ja
nicht eine Stunde das Leben behalten, besonders die nicht, die Gottes Wort haben und
gerne Christen sein wollten.
85 Die Türken (Osmanen) stellten eine ständige Bedrohung des Reiches dar und standen im Jahr 1529 mit ihrem
Heer vor Wien.