Die Bekenntnisschriften - page 402

Der Große Katechismus
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Zuerst muß man vor allen Dingen die Worte gut kennen, auf die die Taufe gegründet ist
und auf die sich alles bezieht, was davon zu sagen ist, nämlich wie der Herr Christus
spricht im letzten Kapitel des Matthäus: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle
Völker: Und taufet sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Gei-
stes“ (Mt 28, 19)
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Ebenso bei Markus, auch im letzten Kapitel: „Wer da glaubt und
getauft wird, der wird selig, wer aber nicht glaubt, der wird verdammt“ (Mk 16, 16).
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Bei diesen Worten sollst du erstens merken, daß hier Gottes Gebot und Einsetzung
steht. Man soll nicht daran zweifeln, daß die Taufe ein göttlich Ding ist, das weder
von Menschen erdacht noch erfunden wurde. Denn ebenso wie ich sagen kann, daß
kein Mensch die Zehn Gebote, Glaubensbekenntnis und Vaterunser aus seinem Kopf
ersonnen hat, sondern daß sie von Gott selbst offenbart und gegeben sind, so kann ich
auch rühmen, daß die Taufe kein Menschenwerk ist, sondern von Gott selbst einge-
setzt wurde. Dazu ist ernsthaft und streng geboten, daß wir uns taufen lassen müssen,
sonst werden wir nicht selig, damit man nicht denkt, es sei eine so gleichgültige Sa-
che, wie ein neues rotes Gewand anzuziehen. Denn es ist überaus wichtig, daß man
die Taufe für vortrefflich, herrlich und hoch halte. Denn darüber streiten und fechten
wir ganz besonders, weil die Welt jetzt so voller Rotten ist, die da schreien, die Taufe
sei eine äußerliche Sache, äußerliche Sachen seien aber ohne Nutzen
.
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Aber laß es
mit den äußerlichen Sachen sein, wie es immer mag: Hier steht Gottes Wort und Ge-
bot, das die Taufe einsetzt, begründet und bestätigt. Was aber Gott einsetzt und ge-
bietet, kann nicht wertlos sein, sondern muß ein ganz köstliches Ding sein, wenn es
auch dem Anschein nach geringer als ein Strohhalm wäre. Hat man es bisher groß
achten können, wenn der Papst mit Briefen und Bullen [Erlassen] Ablaß erteilte, Altä-
re oder Kirchen bestätigte, allein wegen der Briefe und Siegel, so sollen wir die Taufe
für viel höher und köstlicher halten, weil es Gott geboten hat, dazu in seinem Namen
geschieht. Denn so lauten die Worte: „Gehet hin, taufet“, aber nicht „in eurem“, son-
dern „in Gottes Namen“.
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In Gottes Namen getauft werden heißt nämlich, nicht von Menschen, sondern von
Gott selbst getauft zu werden. Auch wenn es durch des Menschen Hand geschieht, so
ist es doch wahrhaftig Gottes eigenes Werk, aus dem ein jeder selbst wohl schließen
kann, daß es viel höher ist als irgendein Werk, das ein Mensch oder ein Heiliger getan
hat. Denn wie kann man größere Werke machen als Gottes Werke? Aber hier macht
sich der Teufel zu schaffen, um uns mit falschem Schein zu blenden und von Gottes
Werk auf unser eigenes Werk zu führen. Denn es hat einen viel köstlicheren Schein,
daß ein Kartäuser
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viele schwere, große Werke tut, und alle halten mehr von dem,
was wir selbst tun und verdienen. Aber die Schrift lehrt so: Wenn man auch die Wer-
ke aller Mönche auf einen Haufen werfen würde, wie köstlich sie auch glänzen mö-
gen, sie wären doch nicht so edel und gut, wie wenn Gott einen Strohhalm aufhöbe.
90 Luther übersetzt hier: „Gehet hin in alle Welt, lehret alle Heiden und taufet sie im Namen des Vaters und des
Sohnes und des Heiligen Geistes.“
91 So die sog. „Spiritualisten“ wie Sebastian Franck, Caspar Schwenckfeld u. a.; vgl. auch unten die „Bündige
Zusammenfassung“, Kap. XII.
92 Im 11. Jahrhundert gegründeter, besonders strenger Orden.
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