Die Bekenntnisschriften - page 497

Bündige Zusammenfassung strittiger Artikel
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Demnach: Obwohl die Predigt vom Leiden und Sterben Christi, des Sohnes Gottes,
eine ernste und schreckliche Predigt und Zeugnis von Gottes Zorn ist, durch die die
Leute erst recht mit dem Gesetz konfrontiert werden, nachdem die Decke des Mose
von ihnen weggenommen ist, damit sie endlich recht erkennen, wie große Dinge Gott
im Gesetz von uns fordert, von denen wir keines halten können, und demnach all un-
sere Gerechtigkeit in Christus suchen sollen, so ist dies – 8. – noch nicht die eigentli-
che Predigt des Evangeliums, solange dies alles (nämlich Christi Leiden und Sterben)
Gottes Zorn predigt und den Menschen in Schrecken versetzt. Sondern dies ist die
Predigt des Mose und des Gesetzes und demnach ein fremdes Werk Christi, durch das
er zu seinem eigenen Amt kommt, das ist: Gnade predigen, trösten und lebendig ma-
chen. Das ist die Predigt des Evangeliums im eigentlichen Sinne.
Negativa
Zurückgewiesene Gegenlehre
Demnach verwerfen wir und halten es für unrecht und schädlich, wenn gelehrt wird,
daß das Evangelium eigentlich eine Buß- oder Strafpredigt und nicht nur eine Gna-
denpredigt sei. Dadurch wird das Evangelium wieder zu einer Gesetzeslehre gemacht,
das Verdienst Christi und die Heilige Schrift verdunkelt, den Christen der rechte Trost
genommen und dem Papsttum aufs neue Tür und Tor geöffnet.
VI. Vom dritten Gebrauch des Gesetzes
Die Hauptstreitfrage
Das Gesetz ist den Menschen aus drei verschiedenen Gründen gegeben: Erstens, daß
dadurch äußerliche Ordnung gegen Ausschreitungen und Ungehorsam gewährleistet
werde. Zum anderen, daß die Menschen dadurch zur Erkenntnis ihrer Sünden geführt
würden. Zum dritten, daß sie, nachdem sie wiedergeboren sind und dennoch dem
Fleisch verhaftet bleiben, durch das Gesetz eine sichere Regel hätten, nach der sie ihr
ganzes Leben ausrichten und führen sollen. Deswegen hat sich ein Streit zwischen
einigen wenigen Theologen um den dritten Brauch des Gesetzes zugetragen: ob näm-
lich das Gesetz auch den wiedergeborenen Christen zu predigen sei oder nicht. Die
eine Seite hat ja, die andere nein gesagt.
Affirmativa
Die rechte christliche Lehre von dieser Streitfrage
1. Wir glauben, lehren und bekennen, daß die an Christus glaubenden und wahrhaft zu
Gott bekehrten Menschen, obwohl sie vom Fluch und Zwang des Gesetzes durch
Christus befreit und losgemacht sind, dennoch nicht aus diesem Grunde ohne Gesetz
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