Die Bekenntnisschriften - page 496

Bündige Zusammenfassung strittiger Artikel
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Affirmativa
Reine Lehre des Wortes Gottes
1. Wir glauben, lehren und bekennen, daß der Unterschied zwischen Gesetz und
Evangelium als ein besonderes, herrliches Licht mit großer Sorgfalt in der Kirche zu
bewahren sei. Denn durch diese Unterscheidung erhält das Wort Gottes – nach der
Ermahnung des heiligen Paulus – eine rechte Einteilung.
2. Wir glauben, lehren und bekennen, daß das Gesetz eigentlich eine göttliche Lehre
sei, die deutlich macht, was recht und gottgefällig ist, und alles brandmarkt, was Sün-
de und dem Willen Gottes zuwider ist.
3. Alles, was die Sünde aufdeckt, ist und gehört darum zur Predigt des Gesetzes.
4. Das Evangelium aber ist eigentlich eine solche Lehre, die deutlich macht, was der
Mensch, der das Gesetz nicht gehalten hat und durch dieses verdammt wird, glauben
soll, nämlich daß Christus für alle Sünden gebüßt und bezahlt und ohne alles Verdienst
des Menschen Vergebung der Sünden, „Gerechtigkeit, die vor Gott gilt“ (Röm 1, 17),
und das ewige Leben für ihn erlangt und erworben hat.
5. Weil aber das Wort „Evangelium“ in der Heiligen Schrift nicht immer in ein und
derselben Bedeutung gebraucht wird, wodurch dieser Streit ursprünglich entstanden
ist, so glauben, lehren und bekennen wir: Wenn unter dem Wort „Evangelium“ die
ganze Lehre Christi verstanden wird, die er in seinem Lehramt und die auch seine
Apostel verkündigt haben – in dieser Bedeutung wird das Wort „Evangelium“ Mk 1
(v. 15) und Apg 20 (v. 24) gebraucht –, dann wird recht gesagt und geschrieben, das
Evangelium sei eine Predigt von der Buße und Vergebung der Sünden.
6. Wenn aber Gesetz und Evangelium, wie Mose als ein Lehrer des Gesetzes und
Christus als ein Prediger des Evangeliums, gegeneinandergehalten werden, glauben,
lehren und bekennen wir, daß das Evangelium nicht eine Buß- oder Strafpredigt, son-
dern eigentlich nichts anderes ist als eine Trostpredigt und frohe Botschaft, die nicht
Verfehlungen anprangert oder in Schrecken versetzt, sondern die gegen die Drohung
des Gesetzes die Gewissen tröstet, allein auf das Verdienst Christi verweist und uns
mit der freundlichen Predigt von der Gnade und Huld Gottes, welche Christi Verdienst
erlangt hat, wieder aufrichtet.
7. Was aber die Offenbarung der Sünde angeht, so nimmt Christus das Gesetz in seine
Hände und legt es geistlich aus, Mt 5 (v. 17–48); Röm 7 (v. 7.14), weil die Decke des
Mose allen Menschen vor den Augen hängt (2. Kor 3, 13–15), solange sie die bloße
Predigt des Gesetzes und nichts von Christus hören und so ihre Sünde nicht recht aus
dem Gesetz erkennen lernen, sondern entweder vermessene Heuchler werden wie die
Pharisäer oder verzweifeln wie Judas. Und so wird „Gottes Zorn und die Größe dieses
Zorns vom Himmel herab offenbart“ über alle Sünder (Röm 1, 18), wodurch sie an das
Gesetz gewiesen werden und sodann aus diesem erst recht ihre Sünde erkennen lernen.
Diese Erkenntnis hätte Mose in ihnen nie erzwingen können.
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