Die Bekenntnisschriften - page 498

Bündige Zusammenfassung strittiger Artikel
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sind, sondern darum von dem Sohn Gottes erlöst wurden, daß sie sich im Gesetz Tag
und Nacht üben sollen, Ps 119 (v. 1). Auch unsere ersten Eltern, denen das Gesetz
Gottes in das Herz geschrieben worden ist, weil sie zum Ebenbild Gottes erschaffen
wurden, haben vor dem Fall nicht ohne Gesetz gelebt (1. Mose 2, 16 f.; 3, 1–3.11).
2. Wir glauben, lehren und bekennen, daß die Predigt des Gesetzes nicht allein bei den
Ungläubigen und Unbußfertigen, sondern auch bei den an Christus Glaubenden,
wahrhaft Bekehrten, Wiedergeborenen und durch den Glauben Gerechtfertigten eifrig
zu halten sei.
3. Denn auch wenn sie wiedergeboren und in ihrem Geist und Sinn erneuert sind, so
ist doch eine solche Wiedergeburt und Erneuerung in dieser Welt nicht vollkommen,
sondern hat nur angefangen, und die Gläubigen stehen mit ihrem Geist und Sinn in
einem stetigen Kampf gegen das Fleisch, das heißt gegen die verderbte Natur und
Wesensart, die uns bis in den Tod anhaftet (Gal 5, 17; Röm 7, 21–23). Um dieses alten
Adams willen, der noch im Verstand, Willen und in allen Kräften des Menschen
steckt, ist es nötig, daß ihnen das Gesetz des Herrn immer vorleuchte, damit sie nicht
aus menschlicher Frömmigkeit eigene und selbsterwählte Gottesdienste vornehmen
(Röm 12, 1–2). Desgleichen soll auch der alte Adam nicht nach seinem
eigenen
Wil-
len handeln, sondern gegen seinen Willen nicht nur durch Ermahnung und Drohung
des Gesetzes, sondern auch mit Strafen und Plagen gezwungen werden, dem Geist zu
folgen und sich gefangen zu geben, 1. Kor 9 (v. 27); Röm 6 (v. 12 f.); Gal 6 (v. 12–
14); Ps 119; Hebr 13 (v. 21).
4. Was den Unterschied zwischen den Werken des Gesetzes und den Früchten des
Geistes angeht, glauben, lehren und bekennen wir, daß die Werke, die nach dem Ge-
setz geschehen, so lange Werke des Gesetzes sind und genannt werden, solange sie
allein durch das Predigen der Strafen und die Androhung des Zornes Gottes dem Men-
schen abgezwungen werden.
5. Früchte des Geistes aber sind die Werke, die der Geist Gottes, der in den Gläubigen
wohnt, durch die Wiedergeborenen wirkt und die so von den Gläubigen – soviel sie
wiedergeboren sind – getan werden, als wenn sie von keinem Gebot, keiner Drohung
oder Belohnung wüßten. In dieser Weise leben die Kinder Gottes im Gesetz und han-
deln nach dem Gesetz Gottes, das Sankt Paulus in seinen Briefen das Gesetz Christi
und das Gesetz des Gemüts nennt (Röm 7, 23; 8, 2).
6. Also ist und bleibt das Gesetz bei den Bußfertigen und Unbußfertigen, bei wieder-
geborenen und nicht wiedergeborenen Menschen ein und dasselbe Gesetz, nämlich der
unwandelbare Wille Gottes. Der Unterschied liegt, was den Gehorsam angeht, allein
an den Menschen. Der, der noch nicht wiedergeboren ist, folgt dem Gesetz aus Zwang
und tut – wie auch die Wiedergeborenen nach dem Fleisch – unwillig, was es von ihm
fordert. Der Gläubige aber – soviel er neu geboren ist – tut ohne Zwang mit willigem
Geist selbst das, was keine Drohung des Gesetzes von ihm je erzwingen könnte.
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