Bündige Zusammenfassung strittiger Artikel
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VIII. Von der Person Christi
Aus dem Streit von dem heiligen Abendmahl ist zwischen den der Augsburgischen
Konfession getreu folgenden Theologen und den Calviniste
(die auch etliche ande-
re Theologen irre gemacht haben) eine Uneinigkeit um die Frage der Person Christi,
der beiden Naturen in Christus und ihren Eigenschaften entstanden.
Hauptstreitpunkt in dieser Kontroverse
Die Hauptfrage aber ist gewesen, ob göttliche und menschliche Natur um der persön-
lichen Vereinigung willen realiter, das heißt tatsächlich und wahrhaftig, in der Person
Christi, auch was deren Eigenschaften anbelangt, miteinander Gemeinschaft haben
und wie weit sich diese Gemeinschaft erstrecke.
Die Sakramentierer
haben behauptet, göttliche und menschliche Natur in Christus
seien so persönlich vereinigt, daß keine mit der anderen realiter, das heißt tatsächlich
und wahrhaftig, das gemein habe, was einer jeden Natur eigen ist, sondern sie hätten
nicht mehr als allein den Namen gemeinsam. Denn unio, so sagen sie einfach, facit
communia nomina, das heißt: Die persönliche Vereinigung bewirkt nicht mehr als eine
Gemeinsamkeit der Namen, so daß nämlich Gott Mensch und Mensch Gott genannt
wird. Dies sei jedoch so zu verstehen, daß Gott realiter, das heißt tatsächlich und
wahrhaftig, nichts mit der Menschheit und die Menschheit nichts mit der Gottheit,
ihrer Majestät und ihren Eigenschaften gemeinsam habe. Das Gegenteil haben
D[octor] Luther und die, die es mit ihm gehalten haben, gegen die Sakramentierer
verfochten.
Affirmativa
Reine Lehre der christlichen Kirche von der Person Christi
Um diesen Streit zu erklären und nach Maßgabe unseres christlichen Glaubens beizu-
legen, lautet unsere Lehre, Glaube und Bekenntnis wie folgt:
1. Daß die göttliche und menschliche Natur in Christus persönlich vereinigt sind, so
daß es nicht zwei Christusse – einer der Sohn Gottes, ein anderer des Menschen Sohn
– gibt, sondern der Sohn Gottes und des Menschen Sohn sind eine einzige Person,
Lk 1 (v. 31–35), Röm 9 (v. 5).
2. Wir glauben, lehren und bekennen, daß die göttliche und menschliche Natur nicht
in ein Wesen vermengt und keine in die andere verwandelt sei, sondern daß eine jede
ihre wesentlichen Eigenschaften, welche nie zu Eigenschaften der anderen Natur wer-
den, behält.
3. Die Eigenschaften der göttlichen Natur sind: allmächtig, ewig, unendlich sein und
nach der Eigenschaft der Natur und ihres natürlichen Wesens für sich selbst überall
30 Theologen der reformierten, durch Jean Calvin († 1564) geprägten Kirchen; vgl. oben die Einleitung.
31 Vgl. oben Anm. 25.