Bündige Zusammenfassung strittiger Artikel
238
gegenwärtig sein, alles wissen usw. Diese werden nie zu Eigenschaften der menschli-
chen Natur.
4. Die Eigenschaften der menschlichen Natur sind: ein leibliches Geschöpf oder eine
Kreatur sein, Fleisch und Blut sein, endlich und begrenzt sein, leiden, sterben, auf-
und niederfahren, sich von einem Ort zum anderen bewegen, Hunger, Durst, Frost,
Hitze verspüren und dergleichen. Diese werden nie zu Eigenschaften der göttlichen
Natur.
5. Da nun beide Naturen persönlich, das heißt in einer Person, vereinigt sind, glauben,
lehren und bekennen wir, daß diese Vereinigung nicht eine solche Verknüpfung und
Verbindung sei, daß keine Natur mit der anderen persönlich, das heißt um der persön-
lichen Vereinigung willen, etwas gemein habe, so wie wenn jemand zwei Bretter zu-
sammenleimt, von denen keines dem anderen etwas gibt oder von dem anderen etwas
nimmt, sondern hier ist die höchste Gemeinschaft, die Gott mit den Menschen wahr-
haftig hat. Aus dieser persönlichen Vereinigung und der daraus erfolgenden höchsten
und unbeschreiblichen Gemeinschaft geht alles hervor, was an Menschlichem von
Gott und an Göttlichem vom Menschen Christus gesagt und geglaubt wird. Diese Ver-
einigung und Gemeinschaft der Naturen haben die alten Kirchenlehrer durch das
Gleichnis eines feurigen Eisens und auch mit der Vereinigung des Leibes und der See-
le im Menschen erklärt.
6. Daher glauben, lehren und bekennen wir, daß Gott Mensch und Mensch Gott ist,
was nicht sein könnte, wenn die göttliche und menschliche Natur in der Tat und in
Wahrheit durchaus keine Gemeinschaft miteinander hätten.
Denn wie könnte der Mensch, Marias Sohn, in Wahrheit Gott oder Sohn Gottes, des
Allerhöchsten, genannt werden oder sein, wenn seine Menschheit mit dem Sohn Got-
tes nicht persönlich vereinigt und so realiter, das heißt tatsächlich und wahrhaftig,
nichts als nur den Namen Gottes mit ihm gemeinsam hätte?
7. Daher glauben, lehren und bekennen wir, daß Maria nicht einen bloßen, einfachen
Menschen, sondern den wahren Sohn Gottes empfangen und geboren hat. Darum wird
sie auch mit Recht die Mutter Gottes genannt und ist es auch wahrhaftig.
8. Daher glauben, lehren und bekennen wir auch, daß nicht ein einfacher Mensch für
uns gelitten [hat], gestorben, begraben, in die Hölle gefahren, von den Toten aufer-
standen, in den Himmel gefahren und in die Majestät und allmächtige Kraft Gottes
gesetzt worden ist, sondern ein solcher Mensch, dessen menschliche Natur mit dem
Sohn Gottes eine so tiefe, unbeschreibliche Vereinigung eingegangen ist und Gemein-
schaft hat, daß sie mit ihm eine Person ist.
9. Darum hat wahrhaftig der Sohn Gottes für uns gelitten, jedoch nach der Eigenart
der menschlichen Natur, welche er in Einheit seiner göttlichen Person angenommen
und sich zu eigen gemacht hat, so daß er leiden und unser Hoherpriester zu unserer
Versöhnung mit Gott sein kann, wie geschrieben steht: Sie haben „den Herrn der Herr-
lichkeit gekreuzigt“; und: Mit Gottes Blut sind wir erlöst worden, 1. Kor 2 (v. 8),
Apg 20 (v. 28).