Die Bekenntnisschriften - page 86

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
126
[Art. IV:] Von der Rechtfertigung
[Rechtfertigung als Hauptlehre: Sie ehrt Christus und tröstet die Gewissen]
15
Im vierten, fünften und sechsten und weiter unten im zwanzigsten Artikel verurteilen
sie uns, weil wir lehren, daß die Menschen nicht um ihrer eigenen Verdienste willen,
sondern umsonst, um Christi willen, die Vergebung der Sünden erlangen durch den
Glauben an Christus. Denn sie verdammen beides, sowohl, daß wir bestreiten, daß die
Menschen durch ihre eigenen Verdienste die Vergebung der Sünden erlangen, als
auch, daß wir behaupten, daß die Menschen durch den Glauben die Vergebung der
Sünden empfangen und durch den Glauben an Christus gerechtfertigt werden. [159]
Weil es aber in diesem Streit um das Hauptstück der christlichen Lehre geht, das,
richtig verstanden, die Ehre Christi ins Licht stellt und vermehrt und den frommen
Gewissen den nötigen und reichlichen Trost gewährt, bitten wir, die Kaiserliche
Majestät möge uns in dieser hochmächtigen Angelegenheit freundlich anhören. Denn
weil die Gegner weder wissen, was die Vergebung der Sünden, noch was der Glaube,
noch was die Gnade, noch was die Gerechtigkeit ist, verhunzen sie diesen Lehrpunkt
elend. Sie verdunkeln den Ruhm und die Wohltaten Christi und stehlen den frommen
Gewissen den ihnen in Christus gewährten Trost.
[Fundamentale Unterscheidung von Gesetz und Evangelium]
16
Um aber unser Bekenntnis bekräftigen und die Vorwürfe der Gegner entkräften zu
können, ist zu Beginn einiges vorauszuschicken, damit die Quellen beider Lehrarten,
die der Gegner und die unsere, erkennbar werden.
Die ganze Schrift muß in die zwei folgenden Hauptstücke eingeteilt werden: in das
Gesetz und in die Verheißungen. Denn an einigen Stellen verkündigt sie das Gesetz
und an anderen die Verheißung von Christus. So z. B. wenn sie verspricht, daß Chri-
stus kommen wird, und um seinetwillen die Vergebung der Sünden, die Rechtferti-
gung und das ewige Leben verheißt. Oder wenn Christus im Evangelium, nachdem er
erschienen ist, die Vergebung der Sünden, die Rechtfertigung und das ewige Leben
zuspricht. [160] In dieser Abhandlung aber nennen wir die Zehn Gebote das „Gesetz“
(wo immer [CR 430] in der Heiligen Schrift sie auch zu lesen sind). Über die Zere-
monien und die Judizialgesetze des Mose reden wir jetzt nicht.
[„Gerechtigkeit des Gesetzes“: ein heilloser Irrweg]
17
Von beiden [Stücken] greifen die Gegner das Gesetz auf, weil die menschliche Ver-
nunft von Natur aus in gewisser Weise das Gesetz erkennt (sie hat es nämlich von
Gott her als ins Herz geschriebene Einsicht). Und nun suchen sie durch das Gesetz
Vergebung der Sünden und Rechtfertigung. Die Zehn Gebote aber fordern nicht nur
äußere, weltliche Werke, die in gewisser Weise auch die Vernunft vollbringen kann,
sondern auch andere, die weit über dem, was die Vernunft kann, liegen. Nämlich
Gott wirklich zu fürchten, ihn wirklich zu lieben und anzurufen, wirklich überzeugt
1...,76,77,78,79,80,81,82,83,84,85 87,88,89,90,91,92,93,94,95,96,...549
Powered by FlippingBook