Die Bekenntnisschriften - page 94

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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Der Unterschied zwischen diesem Glauben und der Gerechtigkeit aus dem Gesetz
ist leicht zu erkennen: Der Glaube ist ein Gottesdienst (Röm 9, 4; 12, 1), der [darin
besteht, daß man] die von Gott angebotenen Wohltaten annimmt; die Gesetzesge-
rechtigkeit [hingegen] ist ein Gottesdienst, der Gott unsere Verdienste anbietet. Gott
aber will im Glauben verehrt werden; d. h., er will, daß wir von ihm (selbst) das an-
nehmen, was er verheißt und anbietet.
[Wechselbeziehung von Vergebungszusage und Glauben]
Daß aber das Wort „Glaube“ nicht nur ein historisches Wissen meint, sondern den
Glauben, der der Verheißung zustimmt, bezeugt auch Paulus deutlich, wenn er sagt:
„Deshalb kommt die Gerechtigkeit aus dem Glauben, damit die Verheißung festblei-
be“ (Röm 4, 16). Er ist nämlich davon überzeugt, daß die Verheißung nur im Glauben
empfangen werden kann. Deshalb rückt er die Verheißung und den Glauben in eine
enge Wechselbeziehung und verbindet sie miteinander. Gleichwohl wird sich leicht
bestimmen lassen, was der Glaube ist, wenn wir das [Apostolische] Glaubensbe-
kenntnis betrachten. Dort nämlich wird folgendes Kennzeichen genannt: „Vergebung
der Sünden“. Deshalb reicht es nicht aus zu glauben, daß Christus geboren worden ist,
gelitten hat und wieder auferweckt worden ist. Wir müssen vielmehr auch hinzu-
nehmen, was der Endzweck dieser ganzen Geschichte ist: Vergebung der Sünden.
Und auf diesen Artikel müssen auch alle übrigen bezogen werden, daß uns nämlich
um Christi willen und nicht aufgrund unserer Verdienste Vergebung der Sünden
geschenkt wird. Denn wozu wäre es nötig gewesen, Christus um unserer Sünden
willen hinzugeben, wenn auch unsere eigenen Verdienste für unsere Sünden hätten
genugtun können
?
[Glaube empfängt die Barmherzigkeit Gottes]
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So oft wir also vom rechtfertigenden Glauben sprechen, muß man wissen, daß hier drei
Dinge zusammenfallen: die „Verheißung“ (und zwar die umsonst geschenkte), die
„Verdienste Christi“ (gleichsam als das Lösegeld) und die „Versöhnung“. Die Verhei-
ßung wird im Glauben empfangen; daß sie umsonst geschenkt wird, schließt unsere
[171] Verdienste aus und zeigt an, daß diese Wohltat nur aus Erbarmen angeboten wird;
Christi Verdienste sind das Lösegeld, weil es doch eine Sühne für unsere Sünden geben
muß. Die Heilige Schrift fleht häufig um Barmherzigkeit. Und die heiligen Väter sagen
oft, daß wir durch die Barmherzigkeit gerettet werden. Immer dann, wenn von
Barmherzigkeit gesprochen wird, muß man folglich berücksichtigen, daß dabei der
Glaube gefordert wird, der die Verheißung der Barmherzigkeit empfängt. Und umge-
kehrt gilt: Immer dann, wenn wir vom Glauben sprechen, dann wollen wir, daß man
seinen Gegenstand, d. h. [CR 437] die verheißene Barmherzigkeit vor Augen hat. Denn
der Glaube rechtfertigt und erlöst nicht deshalb, weil er ein an sich würdiges Werk ist,
sondern nur deshalb, weil er die verheißene Barmherzigkeit empfängt.
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