Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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durch äußere und weltliche Werke Genüge getan, zum anderen, weil menschliche
Traditionen hinzugefügt werden, deren Werke denen des göttlichen Gesetzes vorge-
zogen werden.
Schließlich werden die Buße und die Gnade verdunkelt. Denn der ewige Tod wird
durch jenen Ausgleich der Werke nicht abgegolten, denn er ist müßig und bekommt
den Tod in der Gegenwart nicht einmal zu kosten. Etwas anderes muß man dem Tod
entgegenhalten, wenn er uns anficht. Denn so wie Gottes Zorn durch den Glauben an
Christus überwunden wird, so wird auch der Tod durch den Glauben an Christus
besiegt. Wie Paulus sagt: „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern
Herrn Jesus Christus!“ (1. Kor 15, 57); er sagt nicht: „Der uns den Sieg schenkt, wenn
wir dem Tod unsere Genugtuungen entgegenhalten.“ [284] Die Gegner stellen
müßige Spekulationen über die Vergebung der Schuld an, sie sehen aber nicht, wie
das Herz bei der Vergebung der Schuld vom Zorn Gottes und vom ewigen Tod be-
freit wird. Wenn also der Tod Christi die Genugtuung für den ewigen Tod ist, und
wenn die Gegner selbst bekennen, jene Genugtuungswerke seien nicht geschuldete
Werke, sondern Werke menschlicher Überlieferungen, von denen Christus sagt, daß
sie nutzlose Kulte sind: [Dann] können wir mit Sicherheit behaupten, daß kirchen-
rechtliche Genugtuungen nach göttlichem Recht weder zur Vergebung der Schuld
noch zu der der ewigen Strafe oder der Fegfeuerstrafen notwendig sind.
[Die wahre Bestrafung für Sünde ist die Reue]
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[CR 563] Doch werfen die Gegner ein, daß die Vergeltung oder Strafe notwendig zur
Buße gehöre, weil Augustinus sagt: „Die Buße ist eine strafende Rache“ usw.
So wie
die Gegner auch sonst, sooft Werke geboten werden, diese als Genugtuungen und
Versöhnungsleistungen deuten, so verdrehen sie sie auch hier, weil eine Strafe er-
wähnt wird, zur Genugtuung. Augustinus hat [jedoch] nicht gemeint, der Schmerz bei
der Buße sei eine Bezahlung, für die die Vergebung der Sünden geschuldet werde.
Denn er wußte, daß die Sünden um Christi willen umsonst vergeben werden. Er
wußte, daß Christi Tod das Opfer für unsere Sünden ist. Alles, was von Vergeltung,
von Strafen gesagt wird, muß daher immer so aufgefaßt werden, daß es nicht die
geschenkweise Vergebung der Sünden verdrängt, nicht das Verdienst Christi verdun-
kelt und die Menschen vom Vertrauen auf Christus fort und zum Vertrauen auf die
Werke führt. Im übrigen räumen wir ein, daß es eine Vergeltung bei der Buße gibt,
[doch] nicht als Bezahlung, sondern Vergeltung liegt wesensgemäß in der Buße, weil
die Wiedergeburt selbst durch eine fortwährende Tötung unseres alten Wesens von-
statten geht. Es sind die Schrecken, es sind auch andere Regungen, die der Sünde
zürnen; aber ihnen wird nicht die Vergebung geschuldet. Im Gegenteil: Wenn der
Glaube nicht hinzukäme, würden diese Schmerzen den ewigen Tod bringen.
Recht
hübsch ist von Duns Scotus gesagt worden: „Die Buße ist eine Bewahrerin der Stra-
114 Pseudo-Augustinus, Von der wahren und der falschen Buße, Kap. 19, 35.