Die Bekenntnisschriften - page 244

Die Apologie des Augsburger Bekenntnisses
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auf die Toten zu übertragen. Das bedeutet, den Namen Gottes zu mißbrauchen gegen
das zweite Gebot.
[CR 625] [374] Erstens nämlich ist es eine Schmähung des Evangeliums zu mei-
nen, daß die Zeremonie durch den bloßen Vollzug ohne Glauben ein Opfer sei, das
Gott versöhnt und für die Sünden Genugtuung leistet. Es ist eine ungeheuerliche Re-
de, dem Werk des Priesters ebensoviel zuzuschreiben wie dem Tode Christi. Sodann
können Sünde und Tod nur durch den Glauben an Christus überwunden werden, wie
Paulus lehrt: „Gerecht geworden durch den Glauben, haben wir Frieden“ (Röm 5, 1).
Daher kann die Strafe des Fegfeuers nicht durch die Zueignung eines fremden Wer-
kes überwunden werden.
Wir wollen jetzt beiseite lassen, was für Belegstellen die Gegner für das Fegfeuer
haben, welcher Art die Fegfeuerstrafen ihrer Ansicht nach sind, was für Gründe die
Lehre von den Genugtuungen hat, die wir oben als völlig nichtig erwiesen haben. Nur
das wollen wir entgegenhalten: Es ist gewiß, daß das Abendmahl des Herrn der Ver-
gebung der Schuld wegen eingesetzt worden ist. Denn es bietet die Sündenvergebung
an, wo man wirklich Schuld erkennen muß. Und doch leistet es keine Genugtuung für
die Schuld, sonst wäre die Messe dem Tode Christi gleich. Auch kann Vergebung der
Schuld nicht anders empfangen werden als durch den Glauben. Daher ist die Messe kei-
ne Genugtuung, sondern eine Verheißung und ein Sakrament, das den Glauben fordert.
Und tatsächlich müssen alle Frommen sehr großen Schmerz empfinden, wenn sie
bedenken, daß die Messe zum großen Teil auf Tote und auf Genugtuungen für Stra-
fen verlagert wurde. Das bedeutet, das tägliche Opfer aus der Kirche zu entfernen.
Das bedeutet die Herrschaft des Antiochu
s
198
, der die heilsamsten Verheißungen von
der Vergebung der Schuld, vom Glauben auf die ganz und gar nichtigen Meinungen
über die Genugtuungen übertragen hat. Das bedeutet, das Evangelium zu besudeln,
den Gebrauch der Sakramente zu verderben. Das sind die, von denen Paulus gesagt
hat: „Sie sind schuldig am Leib und Blut des Herrn“ (1. Kor 11, 27). Sie haben die
Lehre vom Glauben unterdrückt und die Vergebung der Schuld und den Leib und das
Blut des Herrn unter dem Vorwand von Genugtuungen zu einem gotteslästerlichen
Geschäft gemacht. [375] Und man wird sie dereinst für diesen Frevel strafen. Des-
halb müssen wir und alle frommen Gewissen uns davor hüten, die Mißbräuche der
Gegner zu billigen.
Doch kehren wir zur Sache zurück. Da die Messe durch den bloßen Vollzug, ohne
Glauben, keine Genugtuung ist (weder für die Strafe noch für die Schuld), so folgt
daraus, daß die Zueignung an die Toten unnütz ist. Und hier bedarf es keiner länge-
ren Erörterung. Denn es steht fest, daß jene Zueignungen an die Toten keine Belege
aus der Schrift haben. Es ist aber keine sichere Sache, in der Kirche Gottesdienste
ohne Autorität der Schrift einzuführen. Und wenn es einmal nötig sein wird, werden
wir ausführlicher über die ganze Frage sprechen. Denn was sollen wir jetzt mit den
Gegnern ringen, die weder verstehen, was ein Opfer noch was ein Sakrament ist,
weder was Sündenvergebung noch was der Glaube ist?
198 S. o. Nr. 161, Anm. 188.
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