Die Bekenntnisschriften - page 34

Das Augsburger Bekenntnis
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[Abschluß des ersten Teils]
[83 c] Dies ist fast das Ganze der bei uns [vertretenen] Lehre.
72
Daraus ist zu ersehen,
daß nichts dabei ist, was abweicht von der Schrift oder von der katholischen Kirche
oder von der Römischen Kirche, soweit sie uns aus den Schriftstellern bekannt ist
.
73
Da es sich so verhält, urteilen diejenigen mit unangemessener Härte, die die Unsrigen
für Ketzer zu halten fordern. Der ganze Streit bezieht sich auf einige wenige Miß-
bräuche, die ohne sichere Autorität in die Kirchen eingedrungen sind. Auch wenn es
in diesen Dingen [bei uns] irgendeine Abweichung gäbe, würde den Bischöfen doch
eine solche Milde geziemen, daß sie [83 d] aufgrund des Bekenntnisses, das wir so-
eben dargelegt haben, unsere [Gebräuche] dulden sollten, weil nicht einmal die Be-
stimmungen des kirchlichen Rechts so streng sind, daß sie überall die gleichen Riten
fordern würden. Es sind ja auch niemals bei allen Kirchen die Riten gleich gewesen.
Gleichwohl werden bei uns zum großen Teil die alten Riten mit Sorgfalt beachtet.
Denn es ist eine grundlose Verleumdung, daß in unseren Kirchen alle Zeremonien,
alle alten Einrichtungen beseitigt worden seien. Jedoch gab es öffentliche Beschwer-
de darüber, daß mit volkstümlichen Riten bestimmte Mißbräuche verbunden waren.
Weil diese nicht mit gutem Gewissen zu billigen waren, wurden sie zu einem gewis-
sen Teil geändert.
Av
[Neufassung:]
Dies ist das Ganze der Lehre, die in unseren Kirchen überliefert wird. Wir urteilen, daß sie
sowohl übereinstimmt mit den prophetischen und apostolischen Schriften als auch mit der Lehre
der Katholischen Kirche, zuletzt auch der Römischen Kirche, insoweit sie aus den anerkannten
Kirchenvätern bekannt ist. Dazu hoffen wir, daß auch alle trefflichen und gelehrten Männer zu
demselben Urteil gelangen werden.
Keineswegs nämlich verschmähen wir den Konsens mit der katholischen Kirche, und es liegt
uns nicht im Sinn, irgendein neues, der heiligen Kirche unbekanntes Dogma in die Kirche
einzuführen. Auch wollen wir nicht gottlose und aufrührerische Meinungen schützen, die die
katholische Kirche verdammt hat. Denn nicht etwa durch böse Begierde verleitet, sondern
genötigt durch die Autorität des Wortes Gottes und der Alten Kirche haben wir uns diese Lehre
zu eigen gemacht, damit die Ehre Gottes heller erstrahlen und den frommen Herzen in der
ganzen Kirche geholfen werden kann. Denn es steht fest, daß sehr viele Mißbräuche in die
Kirche eingedrungen sind und abgestellt werden müssen.
Sowohl der Ehre Christi als auch des Heils aller Völker wegen wünschen wir sehr, daß,
nachdem diese Streitfragen sorgfältig erkannt sind, die Kirche gereinigt und von denjenigen
Mißbräuchen, die nicht zu verheimlichen sind, befreit werde. Aus diesem Grunde fordern schon
lange alle trefflichen Männer in allen Völkern eine Synode, auf die der allergnädigste Kaiser
allen Völkern eine gewisse Hoffnung gemacht hat. Der Kaiser wird also eine wegen ihrer Größe
und ihres Segens außerordentlich würdige, für die ganze Kirche wünschenswerte Sache zustande
bringen, wenn er auf der Synode das Urteil über so wichtige Dinge nicht denen überläßt, die bei
der Beratung ihre eigenen Interessen zur Geltung bringen, sondern den erlesenen frommen und
gelehrten Männern, die für die Ehre Christi und das Heil der ganzen Kirche sorgen möchten.
72 Ausführlicher im deutschen Text [Zusatz]: „… welche in unseren Kirchen zu rechtem christlichen Unterricht und
Trost der Gewissen, auch zu Besserung der Gläubigen gepredigt und gelehrt wird …“
73 Die Evangelischen betonen stets, Glieder der („katholischen“) Gesamtkirche zu sein. Auch von der unter päpst-
licher Leitung stehenden „Römischen Kirche“ und deren Autoren bis etwa zum 12. Jahrhundert nahmen die Re-
formatoren an, sie hätten sich in Übereinstimmung mit der gesamtkirchlichen Lehre und Praxis befunden.
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