Die Bekenntnisschriften - page 41

Das Augsburger Bekenntnis
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wurde. Der Bischof von Tarragona schrieb an Papst Siricius, die spanischen Priester könn-
ten nicht dazu gebracht werden, ein Gesetz anzunehmen, durch das der Umgang mit den Ehe-
frauen verboten wurde. Welche Tragödien hat Siricius angerichtet; wie unnachsichtig hat er
zurückgeschrieben!
Das sind nämlich die Worte des Siricius, unwürdig eines Papstes: „Sage mir nun jener, wer es
auch sein mag, der Gefolgsmann der Lüste und Lehrer der Laster …
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Und dann verdreht er ein
Pauluswort für seinen Zweck zu einem ganz fremden Sinn: „Die im Fleische sind, können Gott
nicht gefallen“ (Röm 8, 8). Man mag in der Tat zweifeln, ob es seiner Unkenntnis oder seiner
Unverschämtheit zuzuschreiben ist, daß er so schmähsüchtig über die Ehe redet. Nichts anderes
nämlich betrieb er, als den Priestern den Umgang mit den Ehefrauen, die sie damals hatten, zu
verbieten. Danach sind spätere Päpste noch viel härter gewesen. Als nämlich der Erzbischof von
Mainz auf der Synode
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das päpstliche Dekret, daß man in Deutschland die Ehefrauen fortzu-
schicken habe, verlas, wurden die Priester in ihrem Zorn so wütend, daß sie den Erzbischof
selbst anzugreifen drohten. Und es war ebenso unwürdig wie rücksichtslos, die damaligen Ehe-
frauen zu entlassen. Aber schließlich hat entweder die Gewalt oder der Aberglaube gesiegt.
Wieviel [CR 396] milder verfuhr Cypria
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mit den Frauen, die nicht die versprochene
Keuschheit bewahrten. Er schreibt nämlich im ersten Buch, im 11. Brief: „Wenn sie nicht
beharren wollen oder es nicht können, ist es besser, daß sie heiraten, als durch ihre Lüste ins
Feuer zu fallen. Wenigstens sollten sie den Brüdern oder Schwestern kein Ärgernis bieten.“
[90] Da aber das Gebot Gottes besteht, da der Brauch der Kirche bekannt ist, da das
unreine Zölibat zahlreiche Ärgernisse hervorbringt, Ehebrüche und andere Untaten,
die die Aufmerksamkeit einer guten Regierung verdienen: So ist es doch sonderbar,
daß in keiner Sache eine wütendere Entschlossenheit waltet als gegen die Ehe von
Priestern. Gott hat geboten, der Ehe Ehre zu erweisen. Die Gesetze in allen gut
verfaßten Staaten, auch bei den Heiden, haben sie mit höchsten Ehren geschmückt.
Jetzt jedenfalls aber werden Priester mit schweren Strafen gemartert gegen den Willen
der Kirchengesetze, aus keinem anderen Grunde als wegen der Ehe. Paulus nennt es
eine Lehre von Dämonen, die die Ehe verbietet (1. Tim 4, 1.3).
Wie aber kein menschliches Gesetz ein Gebot Gottes aufheben kann, so kann auch
nicht ein Gelübde [91] das Gebot Gottes aufheben. Im übrigen rät auch Cyprian
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, daß
die Frauen, die die versprochene Keuschheit nicht bewahren, heiraten sollten. Dies
sind seine Worte im ersten Buch der Briefe, Brief 11: „Wenn sie aber nicht beharren
wollen oder es nicht können, ist es besser, daß sie heiraten, als durch ihre Lüste ins
Feuer zu fallen. Wenigstens sollten sie den Brüdern oder Schwestern kein Ärgernis
bereiten.“
Eine gewisse Nachsicht lassen die Kirchengesetze auch gegenüber denjenigen wal-
ten, die vor dem rechtmäßigen Alter
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ein Gelübde abgelegt haben, wie es bis jetzt
noch vielfach zu geschehen pflegt.
Av
[
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Reformappell an den Kaiser] Nun aber pflegen ungerechte Gesetze nicht von Dauer zu sein.
Deshalb bitten wir den rechtschaffensten Kaiser, er möge zusammen mit den übrigen Beschwer-
nissen der Kirche auch die Fehler dieses Gesetzes erwägen. Dabei ist auch folgendes zu beden-
91 Schreiben des Papstes Siricius vom 11. Februar 385 an Bischof Himerius von Tarragona.
92 Bischof von Karthago († 258).
93 Als Mindestalter für ein gültiges Gelübde werden im kanonischen Recht 14 Jahre bzw. bei Mädchen 12 Jahre
genannt.
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