Das Augsburger Bekenntnis
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24. Von der Mess
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Wiederherstellung des rechten Gebrauchs] Zu Unrecht werden unsere Kirchen be-
schuldigt, sie hätten die Messe abgeschafft. Denn die Messe ist bei uns erhalten und
wird mit höchster Andacht begangen. Es werden auch beinahe alle gewohnten Zere-
monien gehalten, mit der Ausnahme, daß den lateinischen Gesängen stellenweise
deutsche beigegeben werden, die zur Belehrung des Volkes hinzugefügt wurden.
Denn die Zeremonien dienen vor allem dazu, daß sie die Unkundigen belehren
a
. Auch
Paulus hat geboten, in der Kirche solle eine dem Volk verständliche Sprache benutzt
werden.
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Das Volk hat sich daran gewöhnt, gemeinsam das Sakrament zu nehmen,
wenn Leute da sind, die dafür in Betracht kommen. Auch das vermehrt die Ehrerbie-
tung und innere Bindung gegenüber den öffentlichen Zeremonien. Denn es werden
keine Leute zugelassen, die nicht zuvor geprüft und verhört worden sind. [92] Die
Leute werden auch hinsichtlich der Würde und des Gebrauchs des Sakraments dar-
über unterrichtet, wie groß der Trost ist, den es den furchtsamen Gewissen bringen
kann. So sollen
b
sie lernen, Gott zu
glauben und alles Gute von Gott zu erwarten und
zu erbitten. Dieser Gottesdienst erfreut Gott; ein solcher Sakramentsgebrauch stärkt
die verehrende Liebe Gott gegenüber. Daher sieht es nicht so aus, als würden bei den
Gegnern die Messen mit größerer Verehrung als bei uns begangen.
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[CR 375]
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und daß die Behandlung des Wortes Gottes einige zur wahren [Gottes-]Furcht und zum
Glauben und zur Anrufung [Gottes] erweckt. Und nicht allein Paulus gebietet, die dem Volk
bekannte Sprache zu gebrauchen, sondern auch nach menschlichem Recht ist dies so bestimmt.
b
[Neufassung bis zum Schluß des Artikels:] die Menschen lernen, Gott zu fürchten und zu glau-
ben, und sollen sich in der Anrufung üben, sollen Gutes von Gott erbitten und erwarten. Dies sind
die wahren Gottesdienste der Christen. Gott anerkennt diese Gottesdienste: die [Gottes-]Furcht,
den Glauben, die Anrufung, die Hoffnung usw. Wenn daher diese Gottesdienste beim Gebrauch
der Zeremonien in Übung sind, hat Gott Gefallen am Gebrauch der Sakramente. Da also das
Volk an die Zeremonien gewöhnt ist und über ihren Gebrauch unterrichtet wird, geschehen die
Messen bei uns geordnet und gottesfürchtig, und alles geschieht in der Kirche mit größerer
Würde und Ehrfurcht als in früheren Zeiten.
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2
Tradition des Mißbrauchs der Messe] Es steht aber auch fest, daß es seit langem
die öffentliche, allergrößte Klage bei allen trefflichen Männern gegeben hat, daß die
Messen auf schändliche Weise entweiht, [nämlich] zu einer Erwerbssache
gemacht
wurden. Denn es ist auch nicht verborgen, wie weit dieser Mißbrauch in allen Kir-
chen verbreitet ist, in denen die Messen nur für Lohn und Gewinn zelebriert werden,
wie es viele entgegen dem Verbot der Kirchengesetze tun. Paulus aber droht sehr
ernst denen, die die Eucharistie unwürdig begehen, wenn er sagt: „Wer unwürdig von
diesem Brot ißt oder von dem Kelch des Herrn trinkt, der wird schuldig am Leib und
Blut des Herrn“ (1. Kor 11, 27). Daher nun, weil die Priester bei uns über diese Sün-
94 Bei
Av
beginnt die Reihe der Artikel über geänderte Mißbräuche mit dem Artikel „Von der Messe“; vgl. oben
Anm. 76.
95 Deutscher Text: „… daß ein Jahrmarkt daraus gemacht, daß man sie gekauft und verkauft hat …“