Die Bekenntnisschriften - page 49

Das Augsburger Bekenntnis
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Av
[Wiederherstellung der ursprünglichen Messe] Nachdem also die Mißbräuche der Privatmesse
offengelegt worden waren (sowohl, daß die allermeisten wegen jener Zuwendung für die Sünden
anderer vollzogen wurden, als auch, daß sie nicht mit der Einsetzung Christi übereinstimmen),
haben sie in unseren Kirchen aufgehört. Dafür wurde die eine gemeinsame Messe gemäß der
Anordnung Christi eingeführt, bei der die Pastoren der Gemeinden das Sakrament des Leibes
und Blutes Christi weihen, es nehmen und den anderen austeilen. Eine solche Messe wird an den
einzelnen Sonntagen gehalten, dazu auch an anderen Tagen, wenn Leute da sind, die das
Sakrament empfangen wollen. Auch werden sie nicht zur Kommunion zugelassen, wenn sie nicht
vorher geprüft wurden.
Hinzugefügt werden auch fromme Predigten, wie Christus befohlen hat, daß man sie halten
soll, wenn diese Zeremonie begangen wird. Und in diesen Predigten werden die Menschen
sowohl über die übrigen Glaubensartikel und Gebote des Evangeliums sorgfältig unterrichtet als
auch besonders daran erinnert, zu welchem Zweck das Sakrament eingesetzt ist: nämlich nicht
dazu, daß diese Zeremonie ihnen schon durch ihren Vollzug die Sündenvergebung erwerben soll,
sondern daß das Sakrament ein Zeugnis ist, ein Pfand, durch das Christus bezeugt, daß er uns
das Zugesagte verschafft, und daß die Zusagen sich auf uns beziehen. Christus reiche uns seinen
Leib dar zum Zeugnis, daß er in uns als seinen Gliedern wirksam sei, und reiche sein Blut dar
zum Zeugnis, daß wir durch sein Blut abgewaschen werden.
Das Sakrament nützt also denen, die Buße tun, die dort [CR 380] Trost suchen und, gestärkt
durch dieses Zeugnis, glauben, daß ihnen wirklich die Sündenvergebung verschafft wird. Und sie
sagen Christus Dank für die so große Wohltat. So geschieht die Zuwendung der Wohltat Christi
nicht wegen eines fremden Werkes, sondern durch den eigenen Glauben eines jeden und durch
den eigenen Gebrauch des Sakraments. Denn wenn wir selbst es gebrauchen, so bezeugt Christi
eigene Anordnung, daß die Wohltat des Evangeliums sich auf uns bezieht.
Ein solcher Gebrauch des Sakraments ist gottesfürchtig und muß in den Kirchen gelehrt
werden. Er setzt auch die Lehre vom Glauben ins Licht und die von den geistlichen Übungen und
den wahren Gottesdiensten und bringt auch den gottesfürchtigen Gewissen unermeßlichen Trost
und richtet den Glauben auf.
Vor diesen Zeiten wurden die Gemeinden ganz anders über den Gebrauch der Sakramente
unterrichtet. Nichts wurde vorgetragen, außer daß man dieses Werk verrichten müsse. Vom
Glauben, von der Tröstung der Gewissen lehrte niemand irgend etwas. Dagegen wurden die Ge-
wissen gequält durch eine unmäßige Genauigkeit bei der Beichte. Diese hielten sie für die
Reinheit, die das Evangelium fordert. Obwohl es doch so ist: Das Evangelium verlangt wahre
[Gottes-]Furcht und wahres Vertrauen, und durch den Gebrauch dieses Sakraments ermutigt es
uns, daß die, die Buße tun, glauben sollen, daß sie gewiß einen gnädigen Gott haben um Christi
willen, obwohl die Natur schwach und unrein ist und obwohl dieser unser angefangener Gehor-
sam noch weitab ist von der Vollkommenheit, die das Gesetz fordert.
Aus diesem allen wird genügend deutlich, daß bei uns die Messe mit der Einsetzung Christi
und dem Brauch der ersten Kirche übereinstimmt. Zudem beleuchtet es besonders den wahren
Gebrauch des Sakraments. Eine Gemeinschaftsmesse dieser Art gab es in der Alten Kirche, wie
Chrysostomus
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bezeugt. Er sagt, daß der Priester am Altar steht und die einen zur Kommunion
herbeiruft, die anderen aber fernhält. Und aus den Dekreten der Synode zu Nizäa geht hervor,
daß einer die Liturgie zelebriert, wie die Griechen sagen, der allen übrigen den Leib und das
Blut des Herrn austeilt. Das nämlich sind die Worte des Dekrets: „Die Diakone sollen der Ord-
nung gemäß nach den Presbytern vom Bischof oder von einem Presbyter die heilige Kommunion
empfangen.“
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Hier heißt es ausdrücklich, daß die Presbyter selbst das Sakrament empfangen
von einem, der austeilt. Auch gibt es keine Erwähnung der Privatmesse vor den Zeiten Gre-
gors
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Sondern so oft die Alten über die Messe reden, ist klar, daß sie von der Gemein-
schaftsmesse sprechen.
101 Papst Gregor I. (590–604).
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