Die Bekenntnisschriften - page 50

Das Augsburger Bekenntnis
74
Weil also die bei uns gehaltene Messe das Vorbild der Kirche aus der Schrift und den
Kirchenvätern für sich hat, haben wir die Zuversicht, daß sie nicht mißbilligt werden
kann, vor allem da die öffentlichen Zeremonien zu einem großen Teil ähnlich wie die
gewohnten gehalten werden. Nur die Zahl der Messen ist ungleich. Sie zu mindern,
wäre wegen der großen und offenkundigen Mißbräuche gewiß von Nutzen. Denn
vorzeiten gab es nicht einmal in den am stärksten besuchten Kirchen überall täglich
eine Messe. Das bezeugt die Historia Tripartita, Buch 9: „Wiederum aber in Alexan-
dria werden am Mittwoch und am Freitag die Schriften gelesen, und die Lehrer legen
sie aus. Und alles geschieht mit Ausnahme des feierlichen Brauchs der Opferung.“
102
Av
Weil also der Meßritus bei uns die Autorität der Schrift und das Beispiel der Alten Kirche hat
und nur einige unerträgliche Mißbräuche abgestellt wurden, erwarten wir, daß der Brauch
unserer Gemeinden nicht mißbilligt werden kann. Die übrigen Riten, die dem Ermessen über-
lassen sind,
103
werden zum großen Teil in der herkömmlichen Weise gehalten. Jedoch ist die
Zahl der Messen unterschiedlich. Auch früher wurde in den meisten Kirchen nicht täglich eine
Messe gehalten, wie die Historia Tripartita, Buch 9, Kap. 38, bezeugt: „Wiederum aber in
Alexandria werden am Mittwoch und am Freitag [CR 381] die Schriften gelesen, und die Lehrer
legen sie aus. Und alles geschieht mit Ausnahme des feierlichen Brauchs der Opferung.“
102
25. Von der Beichte
Die Beichte wurde in den Kirchen bei uns nicht abgeschafft. Denn der Leib des Herrn
pflegt bei uns nur denen gereicht zu werden, die zuvor verhört wurden und die Abso-
lution empfingen. Das Volk wird auch mit großer Sorgfalt belehrt über den Glauben
an die Absolution, über den vor [98] diesen Zeiten großes Stillschweigen herrschte.
Die Leute werden belehrt, daß sie der Absolution größten Wert beilegen sollen, weil
sie ein Wort Gottes ist und auf Gottes Weisung hin verkündigt wird. Die Schlüssel-
gewalt wird [mit Ehre] geschmückt, und es wird daran erinnert, wie großen Trost sie
den tief erschrockenen Gewissen bringen kann und daß Gott den Glauben erwartet,
daß wir eben dieser Absolution so glauben, als wäre es sein vom Himmel ertönendes
Wort, und daß jener Glaube wirklich erlangt und empfängt die Vergebung der Sün-
den.
Av
[Neufassung des Artikels:]
[CR 382]
Von der Beichte
[
1
Statt verworrener Traditionen vertreten wir die klare Lehre von der Beichte und Buße] Über
diesen Teil der christlichen Lehre von der Buße haben Theologen und Kirchenrechtslehrer be-
sonders viel Finsternis ausgebreitet. [CR 383] Das bezeugen nicht nur ihre Bibliotheken, son-
dern auch die Gewissen aller Frommen. Sie lassen erkennen, daß jene unentwirrbaren Streitfra-
102 Cassiodor († nach 580), Historia ecclesiastica tripartita, Buch 9, Kap. 38.
103 Wörtlich: Adiaphora („Mitteldinge“: ethisch neutrale Handlungen).
1...,40,41,42,43,44,45,46,47,48,49 51,52,53,54,55,56,57,58,59,60,...549
Powered by FlippingBook