Die Bekenntnisschriften - page 53

Das Augsburger Bekenntnis
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Und die Glosse „Von der Buße“ gibt in der 5. Distinktion im Kapitel „Es möge
erwägen …
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zu erkennen, daß die Beichte eine Sache menschlichen Rechts ist.
Gleichwohl wird die Beichte bei uns beibehalten, sowohl wegen der überaus großen
Wohltat der Absolution [100] als auch besonders wegen anderer, für die Gewissen
zuträglicher Wirkungen.
Av
Es sagt auch die Glosse in den Dekreten über die Buße, in der 5. Distinktion
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, die Beichte sei
von der Kirche eingesetzt; sie werde nicht in den Schriften des Alten und Neuen Testaments vor-
geschrieben. Ebenso dachten die meisten Gelehrten. Daher ist unsere Meinung über die Beichte
weder neu noch abwegig.
[
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Christus allein, nicht eigenes Tun, bringt Genugtuung für Sünden. „Genugtuungs“-Werke in
der Alten Kirche] Schließlich war es besonders nötig, über die Genugtuungsleistungen die from-
men Menschen zu unterrichten. Denn die Genugtuungen hatten noch mehr Nachteiliges als jene
Aufzählung. Sie breiteten nämlich Dunkel über die Wohltat Christi, weil die Ungebildeten mein-
ten, wegen jener eigenen Werke würden sie Vergebung der Schuld erlangen. Wenn dann aber
etwas bei diesen Werken fehlte, wurden ihre Gewissen beunruhigt. Ferner, man wählte [als Ge-
nugtuung] Zeremonien, Wallfahrten und andere nutzlose Werke dieser Art, die von Gott nicht
geboten sind. Und selbst Gelehrte gaben vor, der ewige Tod werde durch sie aufgewogen.
Daher haben wir gemeint, daß man die frommen Gemüter von diesen Irrtümern befreien muß.
Wir lehren, daß Genugtuungsleistungen (nämlich jene kirchengesetzlichen, die sie „ungeschul-
dete Werke“ usw. nennen) weder zur Vergebung der Schuld noch zum Erlaß der ewigen Strafe
etwas beitragen und daß sie nicht notwendig sind. Einst gab es in der Kirche bei der öffentlichen
Buße die Sitte, die zur Kirche zurückkehrenden [in schwere Sünde] Gefallenen nicht auf-
zunehmen, ohne ihnen des Exempels wegen irgendwelche Strafen aufzuerlegen. Aus dieser Sitte
sind die Genugtuungsleistungen entstanden. Die Alten wollten aber durch jenes Beispiel das
Volk vom Sündigen abschrecken. Sie waren nicht der Meinung, jene Zeremonie sei ein Ausgleich
für die Schuld oder den ewigen Tod oder das Fegefeuer. Dies haben später ungelehrte Leute
dazuerfunden.
Jene früheren Sitten aber sind mit der Zeit gealtert und nun überholt. Wir beschweren daher
nicht die Gewissen mit Genugtuungsleistungen. Vielmehr lehren wir, daß es Früchte der Buße
geben muß: Gehorsam, Gottesfurcht, Glauben, Liebe, Keuschheit und eine umfassende Erneue-
rung des Geistes müssen in uns wachsen.
Wir erinnern auch daran, daß Sünden oft auch durch zeitliche Strafen in diesem Leben ge-
straft werden, so wie David, Manasse und viele andere bestraft wurden. Wir lehren auch, daß
diese Strafen gemildert werden durch gute Werke und eine umfassende Buße, wie Paulus lehrt:
„Wenn wir uns selbst richteten, würden wir nicht vom Herrn gerichtet werden“ (1. Kor 11, 31).
Auch hat es die Buße erwirkt, daß Gott seinen Entschluß über die Zerstörung Ninives änderte.
So wird nun, während früher die Erörterungen über die Buße unentwirrbar und voller abwe-
giger Meinungen waren, die gereinigte Lehre dem Volk in der Weise vorgetragen, daß sie
verstanden werden kann und zur Frömmigkeit beiträgt. Die wahren Inhalte der Buße halten wir
fest und erklären sie: [CR 386] die Reue, den Glauben, die Absolution, Vergebung der Sünden,
Besserung des ganzen Lebens, Milderung gegenwärtiger Strafen.
Und wir hoffen, daß treffliche Männer an dieser Lehre nicht nur nichts tadeln, sondern auch
denen dankbar sind, die diesen Teil der christlichen Lehre gereinigt haben. Es ist gut, daß er in
den Kirchen möglichst deutlich erklärt und beleuchtet hervortritt. Christus sagt, daß sich die
Engel im Himmel freuen, wenn sie sehen, daß ein Sünder sich besinnt (Lk 15, 7). Deshalb be-
glückwünschen die Kirchen und die Engel selbst die reine Lehre von der Buße.
106 Angabe der Stelle im Decretum Gratiani.
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