Die Bekenntnisschriften - page 61

Das Augsburger Bekenntnis
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schiedlicher Gebräuche zusammengestellt und diese Worte gesagt: „Es war nicht die
Absicht der Apostel, Festlegungen über Feiertage zu treffen, sondern einen guten
Wandel und Frömmigkeit zu predigen.
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[110]
27. Von den mönchischen Gelübden
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1
Unverantwortbare Praxis und Bewertung des Klosterlebens] Was über die Gelübde
der Mönche bei uns gelehrt wird, wird derjenige besser verstehen, der bedenkt, in
welcher Verfassung sich die Klöster befanden und Wievieles in den Klöstern selbst
täglich gegen die Kirchengesetze geschah. Zur Zeit von Augustinus gab es freie Ge-
meinschaften. Später, als überall die Zucht Schaden nahm, wurden Gelübde hinzuge-
fügt, so daß die Zucht gleichsam durch die Erfindung des Kerkers wiederhergestellt
wurde. Allmählich wurden über die Gelübde hinaus viele andere Verhaltensregeln
hinzugefügt. Und diese Fesseln wurden vielen, den Kirchengesetzen entgegen, vor
dem gesetzlichen Alter
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auferlegt. Viele gelangten durch einen Irrtum in diese Le-
bensform, denen es, obwohl sie das Alter hatten, doch am Urteil über die eigenen
Kräfte fehlte. Und dieser Umstand betrifft noch mehr die Klöster der Nonnen als der
Mönche, da es sich geziemt hätte, das schwächere Geschlecht mehr zu schonen. Die-
se [111] Strenge mißfiel vielen guten Männer
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vor diesen Zeiten, die bemerkten,
daß Mädchen und Knaben um der Versorgung willen in die Klöster getrieben wur-
den, und sahen, wie unglücklich diese Berechnung im Ergebnis war, welche Ärger-
nisse sie hervorbrachte, welche Schlingen sie über die Gewissen warf. Es schmerzte
sie, daß die Autorität der Kirchengesetze in einer so gefährlichen Sache gänzlich ver-
nachlässigt und verachtet wurde. Zu diesen Übeln kam noch eine solche Auffassung
von den Gelübden, von der feststeht, daß sie seit langem auch den Mönchen selbst,
wenn sie etwas verständiger waren, mißfiel.
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[Überschrift:]
Von den Gelübden der Mönche
[
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übernimmt den Text des Artikels zunächst weitgehend unverändert von
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.]
Sie sagten, die Gelübde seien der Taufe gleich. Sie lehrten, daß sie durch diese Le-
bensform Vergebung der Sünden und Rechtfertigung [112] vor Gott verdienen. Sie
fügten sogar noch weiter hinzu, daß das mönchische Leben nicht nur Gerechtigkeit
vor Gott verdiene, sondern sogar noch mehr als das, weil es nicht nur die Gebote,
121 Cassiodor († nach 580): Historia ecclesiastica tripartita, Buch 9, Kap. 38.
122 Deutsche Überschrift: „Von Klostergelübden“.
123 Als Mindestalter für gültige Mönchsgelübde galten 14 bzw. bei Mädchen 12 Jahre. Im Mittelalter wurden
vielfach schon Kinder für die mönchische Lebensform bestimmt.
124 Deutscher Text: „frommen Leuten“.
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